Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


ketzerbrevier

Die Welt lesen lernen: Paulo Freire und Augusto Boal zeigten uns verschiedene Wege, die Welt zu lesen, wie die Kultur des Schweigens, die Arbeit an giftigen Mythen die in meiner Arbeit zu Die Arbeit am Tabu nicht mehr Tabu wurden …

Fritz Letsch: ...denn sie wissen nicht, was Liebe ist

Ketzerbrevier eines Altöttinger Ministranten.

2004 ISBN 390830-48-5, 100 Seiten 13 Mäuse incl. Versand http://www.agspak-buecher.de/Fritz-Letsch-denn-sie-wissen-nicht-was-Liebe-ist

Wenn ein Altöttinger Ministrant in die Pubertät kommt, sind die Irritationen schon enorm, wenn er aber 50 wird und erlebt, dass der Apparat der Kirche hinter die früher wichtigen Befreiungen zurückfällt, kann er zornig werden. Das ist dem Büchlein sicher anzumerken, das die Entwicklungen vom Ministranten über das Studium der Religionspädagogik und Gemeindearbeit und ein „Coming out“ parallel zur Theologie der Befreiung nachzeichnet.

Der reaktionäre Kampf gegen die Theologie der Befreiung war so erfolgreich, dass die Nachrichten nicht mehr ankommen. Trotzdem ist die Arbeitsweise des Theater der Unterdrückten und der befreienden Pädagogik erhalten geblieben, sind die Methoden der Bewusstseinsbildung in alle Bildungs- und Gesellschaftsbereiche weiter gewandert.

Autor Fritz Letsch: Theaterarbeit zu und mit Augusto Boal (Theater der Unterdrückten) und Paulo Freire. Zahlreiche Veröffentlichungen, Netzwerk-Arbeit in Initiativen und im Freien Radio.

Am Ende des Buches weiter zu ergänzen:

Seit 2004 haben sich etliche meiner Arbeitsbereiche vertieft, zwischen Supervisionen und an Hochschulen, vor allem zur interkulturellen und beruflich orientierenden und reflektierenden Arbeit, zum 2. Arbeitsmarkt und vor allem zum Kritischen Denken, das nicht nur in die Kritische Gestalt wie in die Kritische Pädagogik wie von Paulo Freire in der Ecopedagogy wirkt und in der Kritischen Psychologie zur Kritischen Praxis wird.

Gemeindepädagogik war ein Anliegen von Kardinal Döpfner, der 1976 plötzlich verstarb, mit ihm die Vorstellung von Gemeinde-Leiterinnen, wie sie in der Ausbildung an der Fachhochschule München vorbereitet wurden. Es waren vor allem die Leute aus der kirchlichen Jugendarbeit, die dann in die Religionspädagogik in den Schulen abgedrängt wurden, als mit Ratzinger 1977 der Rückwärtsgang nach Konzil und Synoden eingelegt wurde:

In einer Besprechung der Ausbildungs-Gruppe zur zweiten Dienstprüfung mit Kardinal Ratzinger fragte er nach unseren Anliegen aus der Gemeinde-Praxis, und eine Kollegin, Nonne in Tracht, schilderte die Problematik, wenn wiederverheiratete Geschiedene nicht an der Erstkommunion ihrer Kinder teilnehmen können.

Er zog sich auf die Anordnung zurück, dass diese Eltern ja eine Ausnahmegenehmigung im Ordinariat beantragen können, was die Kollegin als zu kompliziert und in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar zu erklären versuchte. Er blieb bei seiner kirchenrechtlichen Haltung und mir entfuhr: „Dann steinigen wir die Sünderin also weiterhin?“

Nach erschreckter Stille und ärgerlich angelaufenem Gesicht des Kardinals erklärte sein Sekretär, dass der Herr Kardinal noch einen wichtigen Termin habe und wir in der Kapelle noch ein gemeinsames Gebet um die Berufung in Priester- und Ordensberufe haben würden.

Die Kollegen raunten mir zu, dass das noch Ärger geben würde, aber die einzige Folge war wohl die ungewöhnlich schlechte Note 4 in einer Lehrprobe, „weil ich mit den Kindern in der münchner Schule bayrisch geredet hätte“. 1981 habe ich gekündigt.

Ketzerbrevier eines Altöttinger Ministranten:

  • bisexuelle gruppen gibt es in münchen schon seit anfang der neunziger jahre,
  • als offenen stammtisch, als geschlossene gesprächsgruppen, als freundeskreis,
  • massage- und tantra-kreis, als polit- und organisationsgruppe, auch als „uferlos“.

der münchner bisexuelle stammtisch

trifft sich regelmässig am dritten dienstag ab etwa 19.30 im Cafe Glück, Palmstr. 4 (Ende Klenzestr./ Verlängerung der Baumstrasse nach Süden / in Isarnähe, zwischen U Fraunhoferstraße und Bus 58 am Baldeplatz)

information und beratung natürlich auch per mail: bimuc„@„bi.eineweltnetz.org Die neuere Seite der münchner gruppe: http://bi.eineweltnetz.org

die gesprächsgruppe im Selbsthilfezentrum kann jederzeit von dir wiederbelebt werden: sie findet nur auf DEINE einladung hin statt, das http://shz-muenchen.de stellt dafür eine bluebutton-instanz zu Verfügung!

als regelmäßige Gruppe, die Menschen einlädt,

  • - sich mit ihrer sexuellen Orientierung auseinanderzusetzen,
  • - Bisexualität als Möglichkeit und biographischen Anteil zu sehen,
  • - Lebensformen von Beziehung und Sexualität zu besprechen,
  • - Sicherheit in der eigenen sexuellen Orientierung zu finden
  • - die durch ihre PartnerInnen oder Angehörige mit Bisexualität konfrontiert werden,
  • - Sexualität so zu leben, daß sie und ihre PartnerInnen nicht gefährdet werden (HIV-Prävention).

Die Gruppe ist als Ergänzung zum seit vielen Jahren existierenden bisexuellen Stammtisch gedacht, um einen intensiveren inhaltlichen Austausch zu ermöglichen.

Sie lieben lernen: Ein Kontext

Augusto Boal hatte sich auf Paulo Freire bezogen, mit den Szenen des Forumtheater und den Projekten des Legislativen Theater für eine Bewusstseinsbildung unter allen Beteiligten zu sorgen. Es ging ihm, entsprechend Bert Brecht, in der Workshop-Praxis um das Lernen der Beteiligten, nicht allein um Agitation eines Publikums, wie in früheren Stücken.

  theater spielt schon immer mit den symbolen,
  vor allem, um gemeinsam und öffentlich zu klären,
  welche regeln sich die gesellschaft zu den dargestellten themen
  und den problematiken und tabus dahinter gibt.

Augusto erzählte auch regelmäßig von der Rolle des Theaters in der griechischen Tradition, von Antigone und den Volkschören, die eine moralische Spannung und damit ein Dilemma für das Publikum aufbauen. Finden wir das Dilemma auch in der Kritischen Theorie?

In der Kritischen Praxis der Bewusstseinsbildung sind es oft innere Ablösungen, Familien-Dilemma von Giftigen Mythen und belasteten Beziehungen,

  tabu: verboten und heilig: und immer auch hinterfragt,
  sonst wird das tabu zum popanz, wie bei uns der besitz.

Popanzen, scheinbar Allmächtige, sind auch der bürgerlich tief eingelernte Antikommunismus des Kalten Krieges, der das Kritische Denken in den Elfenbeinturm der Philosophie vertrieben hat, wo Paulo Freire 1996 noch Jürgen Habermas herausfordern wollte …

Kritische Psychologie ist der einzige Bereich, in dem die Befruchtung der aufgeklärten und marxistischen Denkweisen durch die damals noch junge Psychoanalyse und ihrem neuen Menschenbild in der deutschen Denk-Landschaft gründlich weiter entwickelt wurde, die Pädagogik hat sich eher davor gedrückt.

Mein Tabu-Katalog ist über die Jahrzehnte aktuell geblieben ...

  besitz ist heiliger als leben: sagen unsere richter mit ihren urteilen,
  die sehr oft kleine klauer strenger bestrafen als strassenmörder,
  die ihre verkehrsopfer im namen der geschwindigkeit erlegten.

Forumtheater-Szenen haben oft solche Themen aufgegriffen: Empfundenes Unrecht aus eigener Erfahrung oder mit erlebt: Viele unverdaute autoritäre Schul-Erlebnisse, viele Tabu-Themen aus Familie und Religion

  solche aussagen muss sich ein ernst zu nehmender mensch
  sicherheitshalber verkneifen, das schädigt das renommee,
  aber der hofnarr, das kabarett, manchmal sogar das offizielle theater
  können sich die freiheit nehmen, die heiligen kriterien zu hinterfragen.

Kriterien für die „angemessene“ Ausschreibung eines Workshops gab es gelegentlich, so lange wir noch den Begriff des Theater der Unterdrückten zu schnell erwähnten: „Wer sind den die Unterdrückten?“ fragten später Studierende der Sozialen Arbeit, denen die Formulierung fremd war, denn politisches Denken in Bayern kannte solche Polarisierungen der alten Befreiungstheologie nicht mehr. Die war mit vatikanischer Billigung durch die Militärdiktaturen nicht nur aus den Medien geschossen worden, auch tot, wie Oscar Romero. Mehr dazu im Ketzerbrevier

  ein problem im umgang damit ist dabei der zu grosse ernst,
  mit dem das theater bei uns meist verknüpft wird:
  der ernst der spielenden, das einnehmen und ausleben einer rolle,
  die erprobung von emotionen und reaktionen.

Das Literatur-Theater verzweifelte jetzt nach den ersten Online-Produktionen in der ersten Ausgangsbeschränkung, aber etliche merkten, dass die ganze Art der bürgerlichen Inszenierungen nicht mehr wirklich innovativ dabei ist: Eine ewige Wiederholung der Klassiker wird zur reaktionären Operette …

In den 1980er Jahren waren noch viel mehr Schauspielende und Theaterleute in den Workshops, die von der Arbeit mit Tabori und Stein erzählten,

  ironie ist etwas anderes,
  und gut gemeint meist das gegenteil von gut.
  erst musst du theater in seiner auswirkung denken können,
  um dann unsichtbares theater entwerfen und spielen zu können.

Im Osten der Republik hatte ich einige Jahre einen Abenteuerspielplatz mit realen Gewehren, Grenzen, Geheimdiensten und ihren Akten, die des Ostens habe ich zumindest als Karteikarten-Kopien bekommen, auf die des Westens warte ich noch.

Unsichtbares Theater zu Reagans Besuch während unseres Workshops in Berlin war die erste bunte Fußgängerzonen- Forschungsgruppe, die mit brennenden Autos und Tränengas die Spaltung der Gesellschaft sichtbar machte:

Die Einen unterzeichneten bereitwillig unsere Unterschriften-Liste „Bürger begrüßen Reagan“, die Anderen feindeten die Kamera-Interviewten an …

  theater können: spielen und wieder aussteigen,
  rollen und regie gleichzeitig denken können,
  um die realität in deinem kopf spielen zu lassen.

Die Realitäten der Spielenden mit den Identitäten und Ebenen haben uns in den Filmen so sehr überholt, dass sich heute junge Leute aus der Impro-Szene gar nicht mehr vorstellen können, wie es ist, an einem Thema zu bleiben und den Konflikt einer Person gemeinschaftlich zu lösen.

  wenn du dann noch deinen kopf und seine geschichten
  mit den geschichten und köpfen der menschen um dich herum
  abstimmen - einstimmen - klingen lassen kannst, bist du am weg:

Wir werden viel kleine widerständige Szenen brauchen, um uns neue sichere Kommunikationsebenen aufzubauen,

  unsichtbares theater nimmt alltags-szenen und lässt sie laufen,
  bis die anderen - unvorbereiteten teilnehmenden die szenen verändern.

Auch das Publikum der Forumtheater-Abende und Nachmittage war durchaus Reaktions-freudig, wenn die Situation und die Szenen gut waren: In der Erzählung von Augusto Boal zu unserer Inszenierung von Vorschlägen zum Legislativen Theater im Rathaus München 1999 berichtet er vom Gespräch mit einer alten weißhaarigen Dame, die vorher meinte, das würde nur in Brasilien gehen …

  lass sie handeln: das ist die machtvollste inszenierung.
  bedingung: du musst an sie glauben, ihnen trauen.
  im endeffekt: sie lieben lernen.

In unserer Europäischen Konferenz hatten wir neben vielen Workshops der Kolleg*innen mit Augusto sechs Münchner Szenen ausgearbeitet, die wir ansatzweise in „Gesetzesvorschläge“ umsetzten,

Das passierte am Ende mit so vielen Gruppen und Leuten, bis die Bildungsarbeit in den Akademien runtergespart und zu Powerpoint-Vorträgen wurde, die Hochschule zu Vorlesungen zurückkehrte und die ökologischen Szenen ihrer eigenen Wege gingen.

Ich landete in der Gestalttherapie und lernte diese Kritische Praxis mit dem Lebenslauf einer anderen Person kennen: Seit ein paar Jahren im Coaching mit Obdach- und Wohnungslosen und in der Begleitung von Selbsthilfe und Gruppen, Supervision für Einrichtungen und Einzelne, und sehe nebenbei, wie sich die politischen Szenen der anarchistischen Bewegungen nicht nur in den südamerikanischen Ländern weiter entwickeln, während unsere marxistisch dominierte Linke sich erst noch durch ihre autoritäre Störungen des Leninismus und Stalinismus und des militaristischen „Real-Sozialismus“arbeiten muss, bis sie als erneuernde Kraft wahrgenommen wird.

gestalt-theater - gestalt-methoden https://gestalt-theater.blogspot.com/2006/03/gestalt-methoden.html

einen zweiten Band?

   zuerst weiß niemand etwas, 
   die schauspieler wissen nicht viel, 
   aber der, der sie unterrichtet, 
   darf gar nichts wissen, 
   und muss erst während des unterrichts 
   alles lernen über sich und seine kunst. 
   
   das wird für sie eine entdeckung sein, 
   und auch für ihn. 
   

jean genet briefe an roger blin

Das war meine Gedanken-Befreiung damals, Ende 1978/79 …

1981 hatte ich meine Lebensstellung in der katholischen Kirche gekündigt, Ratzinger als oberer Chef, Generalvikar Gruber unterschrieb alles damals, heute ist er sicher zu recht im Visier als Missbrauch-Vertuscher, im Gegensatz zu seinem charismatischen Bruder, der ein strahlender Lehrer war.

Mit Ratzinger hatten wir als Kolleg*innen ein einziges Gespräch, nach meiner Bemerkung lief er blau an und sein Sekretär meinte, der Herr Kardinal habe noch dringende Termine …

Eine Ordensschwester hatte die damalige Problematik, dass wieder verheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion gehen dürfen, bei der Erstkommunion des Kindes schriftlich im Ordinariat für diesen Tag beantragen müssten, als pastoral unsinnig dargestellt, worauf Ratzinger meinte, das sei dogmatisch notwendig.

Ich meinte mit einer Geste: Dann steinigen wir die Sünderin also weiterhin?

Die Kolleg*innen meinten auf dem Weg zur Kapelle, in der der Kardinal mit uns (großteils Laien-Mitarbeitenden) einen alten Standard „für Priester-und Ordensberufe“ herunter leierte, dass ich dafür sicher Ärger bekommen würde, aber Ratzinger war als Choleriker weniger nachtragend als mein Vater, aber wahrscheinlich wurden unsere Anleitenden und Ausbildenden angepfiffen.

In meiner späteren Lehrprobe bekam ich eine überraschende 4, „weil ich im Unterricht zu bayrisch gesprochen hätte“, aber da war ich schon am gehen …Mein Supervisor damals, ein Redemptorist, meinte (etwas schmunzelnd?): „Herr Letsch, ich habe den Eindruck, sie leugnen das unauslöschliche Priestertum?

Ich konnte nur nicken.

Mein priesterlicher Freund, Geliebter und Bettgenosse hatte unsere Beziehung seinem Beichtvater gestanden und war an sein Keuschheits- und Zölibatsversprechen erinnert worden, erlitt mit knapp 30 einen Gehörsturz. „Gehorsam komm von Hören“ war mein Gedanke.

Das könnte der Anfang des zweiten Bandes für das Ketzerbrevier werden: Was nicht in meinem Büchlein steht

Wer lachen kann, braucht keinen Glauben

Umberto Eco hat in seinem Buch „Der Name der Rose“ die alten rechthaberischen Verbrechen der Kirche durchsichtig gemacht, und die Rolle des „Philosophen“, wie Aristoteles dort genannt wird: Der Vorläufer der Aufklärung.

- Auch gegen den Missbrauch, der nicht nur aus der Bibel erklärt und aufgeklärt werden kann, sondern auch im jahrhundertelangen sündhaften Festhalten an Besitz, Herrschaft und Macht, notwendig aufzuklären in einer Aufklärung 2.0, und in einem nächsten Artikeldes Kollegen Goede:: systemischer Neustart jetzt! http://netzwerk-gemeinsinn.org/systemischer-neustart-jetzt

buendnis_zur_erneuerung_der_demokratie und Hochschule der Demokratie oder gleich Bürgerräte und Selbstorganisation

“Bevor unsere weißen Brüder kamen, um zivilisierte Menschen aus uns zu machen, hatten wir keine Gefängnisse. Aus diesem Grund hatten wir auch keine Verbrecher. Ohne ein Gefängnis kann es keine Verbrecher geben.

Wir hatten weder Schlösser noch Schlüssel, und deshalb gab es bei uns keine Diebe. Wenn jemand so arm war, dass er kein Pferd besaß, kein Zelt oder keine Decke, so bekam er all dies geschenkt. Wir waren viel zu unzivilisiert, um großen Wert auf persönlichen Besitz zu legen. Wir strebten Besitz nur an, um ihn weitergeben zu können.

Wir kannten kein Geld, und daher wurde der Wert eines Menschen nicht nach seinem Reichtum gemessen. Wir hatten keine schriftlich niedergelegten Gesetze, keine Rechtsanwälte und keine Politiker, daher konnten wir einander nicht betrügen.

Es stand wirklich schlecht um uns, bevor die Weißen kamen, und ich kann es mir nicht erklären, wie wir ohne die grundlegenden Dinge auskommen konnten, die – wie man sagt – für eine zivilisierte Gesellschaft so notwendig sind.” ~ John Fire Lame Deer, Sioux-Lakota

ketzerbrevier.txt · Zuletzt geändert: 2023/05/28 20:57 von fritz