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Martin Buber, Gustav Landauer, Paul Goodman und die Anarchie in der Gestalt

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Martin Buber, Gustav Landauer, Paul Goodman und die Anarchie in der Gestalt waren in den frühen Jahren alles andere als Freunde der Bürokratie, Kassenabrechnungen oder gar der Verengung auf die Einzeltherapie: Milan Streckovic im Handbuch der Gestalttherapie mit Reinhard Fuhr und Martina Gremmler-Fuhr (HG) Hogrefe 1999 Seite 40 ff

Martin Buber zur Kunst

In „Ich und Du, 1923:

 Im Schauen eines Gegenüber erschließt sich dem Künstler die Gestalt. 
 Er bannt sie zum Gebilde. Das Gebilde steht nicht in einer Götterwelt,
 sondern in dieser großen Welt der Menschen. 
 Wohl ist es »da«, auch wenn kein Menschenauge es heimsucht; aber es schläft. 
    
 Der chinesische Dichter erzählt, die Menschen hätten das Lied nicht hören mögen, das er
 auf seiner Jadeflöte spielte; da spielte er es den Göttern, und sie neigten das Ohr; 
 seither lauschten auch die Menschen dem Lied: - so ist er denn von den Göttern 
 zu denen gegangen, deren das Gebild nicht entraten kann.
 
 Nach des Menschen Begegnung schaut es wie im Traum aus, daß er den Bann löse 
 und die Gestalt umfange, für einen zeitlosen Augenblick. 
 Da kommt er nun gegangen und erfährt, was zu erfahren ist: 
 so ist es gemacht, oder dies ist darin ausgedrückt, oder solcherart sind seine Qualitäten, 
 und dazu wohl auch noch, welchen Rang es einnimmt.
 
 Nicht als ob wissenschaftlicher und ästhetischer Verstand nicht vonnöten wäre: 
 aber um sein Werk getreu zu tun und unterzutauchen in der überverständlichen, 
 das Verständliche umschließenden Wahrheit der Beziehung. Reclam 2021, S. 43 (1995 S. 39)

Lore Posner, spätere #LauraPerls, über ihre Frankfurter Studienjahre:

 "Ja, da gab es schon den beginnenden Nationalsozialismus, Kommunisten, Zionisten ... 
 nur Extreme und keine Anzeichen einer Integrationsfigur ... außer Buber und Tillich."

Handbuch der #Gestalttherapie mit Reinhard Fuhr und Martina Gremmler-Fuhr (HG) Hogrefe 1999 Seite 40 ff #MartinBuber #Gestalt

100 Jahre "Ich und Du"

Martin Buber hat sehr viele Menschen beeinflusst, wie auch die Entwickler der Gestalttherapie, Laura und Fritz Perls. Er war auch mit Gustav Landauer befreundet, dessen Schriften er nach seinem Tod herausgab. Er stand der Bewegung des Zionismus kritisch gegenüber, die das Heil des Judentums in einem religiösen Staat Israel sahen.

Seine Philosophie sucht ein aufgeklärtes Dasein für alle: Nicht in festgelegten Religionen, sondern im heilsamen Dialog der Menschen miteinander und mit der Umwelt.

Martin Buber - Lesekreis auf zoom

Martin Bubers „Ich und Du“ (1923) ist auf Reclam neu erschienen, wir beginnen mit einem neuen Durchgang von vorne am 30. Mai 2023 19h - ca 20.30 und haben uns bisher etwa 14tägig getroffen, wie es bei allen Vieren passte …

Wenn wir neu starten, wünsche ich mir wie bisher auch immer die Reflexionen auf unser Leben und unsere Praxis, Gestalt zu leben. Das Buch ist ergänzt mit Anmerkungen, Gliederung, Bubers Begriffswelt - Ein Glossar, Personenverzeichnis, Bubers Lektüren. Zitate, Leben mit Ich und Du. Zeugnisse, Literaturhinweise, Nachwort, für 6.80 bei deinem Buchladen!

Martin Buber

Martin Buber, befreundet mit mit dem damals für viele richtungsweisenden Anarchisten und Gemeinschafts-Gründer Gustav Landauer gab nach dessen Ermordung im Gefängnis Stadelheim bei der Niederschießung der Räterepublik durch Freikorps und Reichswehr am 2.5.1919 dessen Nachlass heraus: Er selbst kam aus jüdischer Familie, war von der Aufklärung geprägt und sein unten in Fragmenten zitiertes Werk ist die hohe Ebene der Bewusstseinsbildung seiner Zeit, seiner Freunde, die auch die Entwicklung der Gestalt in Philosophie und psychologischem Denken vorantrieben:

Der Aufruf zur Revolution

war im Wesentlichen ein Aufruf, statt hierarchischer und schicksalshafter kaiserlich-königlicher und militärischer Autorität selbst zu denken und den Sozialismus, den wir schon immer in Familien und Gruppen kennen, auch in der Re-Publik, in der Sache des Volkes zu denken.

Ich und du

Martin Bubers eigene Schriften, auf die sich Laura und Fritz Perls hauptsächlich bezogen haben:

   "Die Welt ist dem Menschen zwiefältig nach seiner zwiefältigen Haltung.
   Die Haltung des Menschen ist zwiefältig nach der Zwiefalt der Grundworte, 
   die er sprechen kann.
   
   Die Grundworte sind nicht Einzelworte, sondern Wortpaare.
   Das eine Grundwort ist das Wortpaar Ich-Du.
   Das andre Grundwort ist das Wortpaar Ich-Es; 
   wobei, ohne Änderung des Grundwortes, 
   für Es auch eins der Worte Er und Sie eintreten kann.
   Somit ist auch das Ich des Menschen zwiefältig.
   
   Denn das Ich des Grundworts Ich-Du ist ein andres als das des Grundworts Ich-Es.
   ....
   Drei sind die Sphären, in denen sich die Welt der Beziehung errichtet.
   
   Die erste: das Leben mit der Natur. 
   Da ist die Beziehung im Dunkel schwingend und untersprachlich. 
   Die Kreaturen regen sich uns gegenüber, 
   aber sie vermögen nicht zu uns zu'kommen, 
   und unser Du-Sagen zu ihnen haftet an der Schwelle der Sprache.
   
   Die zweite: das Leben mit den Menschen. 
   Da ist die Beziehung offenbar und sprachgestaltig. 
   Wir können das Du geben und empfangen.
   
   Die dritte: das Leben mit den geistigen Wesenheiten.
   Da ist die Beziehung in Wolke gehüllt, aber sich offenbarend, 
   sprachlos, aber sprachzeugend. 
   
   Wir vernehmen kein Du und fühlen uns doch angerufen, 
   wir antworten - bildend, denkend, handelnd: 
   wir sprechen mit unserm Wesen das Grundwort, 
   ohne mit unserm Munde Du sagen zu können.
        ...
   Das ist der ewige Ursprung der Kunst, 
   daß einem Menschen Gestalt gegenübertritt und durch ihn Werk werden will. 
   Keine Ausgeburt seiner Seele, sondern Erscheinung, 
   die an sie tritt und von ihr die wirkende Kraft erheischt. 
   
   Es kommt auf eine Wesenstat des Menschen an:
   vollzieht er sie, spricht er mit seinem Wesen das Grundwort 
   zu der erscheinenden Gestalt, dann strömt die wirkende Kraft, 
   das Werk entsteht."  
   

Ich und Du. 1923 (2021, Reclams Universal-Bibliothek Nr. 14171). S.3-10 https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Buber

Das Grundwort Ich-Du kann nur mit dem ganzen Wesen gesprochen werden. Die Einsammlung und Verschmelzung zum ganzen Wesen kann nie durch mich, kann nie ohne mich geschehen. Ich werde am Du; Ich werdend spreche ich Du.

Alles wirkliche Leben ist Begegnung.

Die edelste Fiktion ist ein Fetisch, die erhabenste Fiktivgesinnung ist ein Laster.

Die Ideen thronen ebensowenig über unsern Köpfen, wie sie in ihnen hausen; sie wandeln unter uns und treten uns an; beklagenswert, wer das Grundwort ungesprochen läßt, aber erbärmlich, wer sie statt dessen mit einem Begriff oder einer Parole anredet, als wäre es ihr Name! S.14


  Das aber ist die erhabene Schwermut unsres Loses, 
  daß jedes Du in unsrer Welt zum Es werden muß. 19 - 24
  
  So wäre denn jene Schwermut unsres Loses eine urgeschichtlich gewordene?
  - Eine gewordene wohl: insofern das bewußte Leben des Menschen ein urgeschichtlich geworden es ist. 
  - Aber in dem bewußten Leben kehrt nur welthaftes Sein als menschliches Werden wieder. 
  Der Geist erscheint in der Zeit als Erzeugnis, ja als Nebenprodukt der Natur, 
  und doch ist eben er es, der sie zeitlos umhüllt.
  Der Gegensatz der zwei Grundworte hat in den Zeiten und Welten viele Namen; 
  aber in seiner namenlosen Wahrheit inhäriert er der Schöpfung.
  die Sehnsucht geht nach der welthaften Verbundenheit des zum Geiste aufgebrochenen Wesens 
  mit seinem wahren Du.
  Im Anfang ist die Beziehung: als Kategorie des Wesens, 
  als Bereitschaft, fassende Form, Seelenmodel; das Apriori der Beziehung; das eingeborene Du.

Die Entwicklung der Seele im Kinde hängt unauflösbar zusammen mit der des Verlangens nach dem Du, den Erfüllungen und Enttäuschungen dieses Verlangens, dem Spiel seiner Experimente und dem tragischen Ernst seiner Ratlosigkeit. 28

21-2-22: Seite 29 zum Ichbewusstsein … Zwischenspiel Quarterly

   Wenn der Mensch es walten läßt, überwuchert ihn die unablässig wachsende Eswelt, 
   entwirklicht sich ihm das eigne Ich, 
   bis der Alp über ihm und das Gespenst in ihm einander das Geständnis ihrer Unerlöstheit zuraunen. S.44

vom-wesen-der-autoritaet-in-der-religion

von ralphbutler

Echte Autorität gibt es in der Religion wie überhaupt in der Welt nur insofern, als Gottes Wille erkannt wird. Eine völlige und adäquate Erkenntnis des Willens Gottes gibt es aber in der Geschichte nicht.

In dem Augenblick, wo sie in die Geschichte einträte, wäre die Geschichte zu Ende.

Das tatsächliche Offenbarungsereignis in der Geschichte ebenso wie im Leben des einzelnen Menschen bedeutet nicht, daß sich ein göttlicher Inhalt in ein leeres menschliches Gefäß gieße oder daß eine göttliche Substanz sich in menschlicher Gestalt darstelle.

Die tatsächliche Offenbarung bedeutet die Brechung des einigen göttlichen Licht in der menschlichen Vielfältigkeit, das heißt, die Brechnung der Einheit im Widerspruch.

Wir kennen keine andere Offenbarung als die der Begegnung von Göttlichem und Menschlichem, an der das Menschliche faktisch beteiligt ist.

Das Göttliche ist ein Feuer, das das menschliche Erz umschmilzt, aber was sich ergibt, ist nicht von der Art des Feuers …

http://buber.de/… de/offenbarung geht nicht mehr

 Das eine ist die geistige Gestalt der naturhaften Abgehobenheit, 
 das andre die der naturhaften Verbundenheit.
 
 Der Zweck des Sichabsetzens ist das Erfahren und Gebrauchen, und deren Zweck das »Leben«, 
 das heißt das eine menschliche Lebensfrist dauernde Sterben.
 
 Der Zweck der Beziehung ist ihr eigenes Wesen, das ist: die Berührung des Du. 
 Denn durch die Berührung jedes Du rührt ein Hauch des ewigen Lebens uns an.

Martin Buber Ich und Du, reclam, S. 61

um die fehlende Seite 68 im Reclam …

Was ist das: Selbst-Widerspruch? Wenn der Mensch das Apriori der Beziehung nicht an der Welt bewährt, das eingeborene Du nicht am begegnenden auswirkt und verwirklicht, dann schlägt es nach innen. Es entfaltet sich am unnatürlichen, am unmöglichen Gegenstand, am Ich; das heißt: es entfaltet sich da, wo es gar keinen Ort zur Entfaltung hat.

So entsteht das Gegenübertreten in sich selbst, das nicht Beziehung, Gegenwart, strömende Wechselwirkung, sondern nur Selbstwiderspruch sein kann.

Der Mensch mag ihn als eine Beziehung, etwa als eine religiöse, auszudeuten versuchen, um sich dem Grauen des Doppelgängertums zu entwinden: er muß immer wieder das Trügerische der Deutung entdecken.

Hier ist der Rand des Lebens. Ein Unerfülltes ist hier in den wahnwitzigen Schein einer Erfüllung geflüchtet; nun tastet es in den Irrgängen umher und verliert sich immer tiefer.

Zuweilen, wenn es den Menschen in der Verfremdung zwischen Ich und Welt schaudert, überkommt ihn die Erwägung, daß etwas zu tun sei. Wie wenn du in schlimmer Mitternacht vom Wachtraum gepeinigt liegst, die Bollwerke sind zerfallen und die Abgründe schreien, und du merkst mitten in der Pein: es gibt das Leben noch, ich muß nur hindurch zu ihm - wie …

Das erscheinende ist nicht bloßes Subjekt, aber auch zur Subjektivität gerät es nicht; entzaubert, aber nicht erlöst, spricht es sich in dem furchtbaren, so rechtmäßigen wie unrechtmäßigen Wort aus: »Das All betrachtet Uns!«< Zuletzt versinkt es wieder, im Geheimnis.

Wer möchte, nach solchem Schritt und solchem Unter gang, zu behaupten wagen, dieser Mensch habe seine ungeheure, ungeheuerliche Sendung verstanden, oder, er habe sie miẞverstanden? Gewiß ist, daß das Zeitalter, dessen Herr und Vorbild der Dämonische, Gegenwartslose geworden ist, ihn mißversteht.

Es weiß nicht, daß hier Schickung und Vollzug, nicht Machtbrunst und Machtgenuß walten. Es begeistert sich am Gebietertum dieser Stirn und ahnt nicht, wel che Zeichen darauf geschrieben stehen wie Ziffern auf dem Blatt der Uhr. Es befleißt sich, diesen Blick auf die Wesen nachzuahmen, ohne seine Not und Nötigung zu begreifen, und vertauscht die Sachstrenge dieses Ich mit gärender Eigenbewußtheit.

Das Wort »Ich« bleibt das Schibboleth der Menschheit. Napoleon sprach es ohne Beziehungskraft, aber er sprach es als das Ich eines Vollzugs. Wer es ihm nachzusprechen sich bemüht, - 73

Die verlängerten Linien der Beziehungen schneiden sich im ewigen Du. Jedes geeinzelte Du ist ein Durchblick zu ihm. Durch jedes geeinzelte Du spricht das Grundwort das ewige an. Aus diesem Mittlertum des Du aller Wesen kommt die Erfülltheit der Beziehungen zu ihnen, und die Unerfülltheit. Das eingeborene Du verwirklicht sich an jeder und vollendet sich an keiner. Es vollendet sich einzig in der unmittelbaren Beziehung zu dem Du, das seinem Wesen nach nicht Es werden kann.

Wenn wir eines Weges gehen und einem Menschen begegnen, der uns entgegenkam und auch eines Wegs ging, kennen wir nur unser Stück, nicht das seine, das seine nämlich erleben wir nur in der Begegnung.

Von dem vollkommnen Beziehungsvorgang wissen wir, in der Art des Gelebthabens, unser Ausgegangensein, unser Wegstück. Das andre widerfährt uns nur, wir wissen es nicht. Es widerfährt uns in der Begegnung. Aber wir verheben uns daran, wenn wir davon als von einem Etwas jenseits der Begegnung reden.

das Haben der Dinge

 Man findet Gott nicht, wenn man in der Welt bleibt,
 man findet Gott nicht, wenn man aus der Welt geht.
 
 Wer mit dem ganzen Wesen zu seinem Du ausgeht 
 und alles Weltwesen ihm zuträgt, findet ihn, den man nicht suchen kann. 

S.75

Hier und Jetzt

Was von der Liebe schon gesagt worden ist, gilt hier noch gewisser: Gefühle begleiten nur das Faktum der Beziehung, die sich ja nicht in der Seele, sondern zwischen Ich und Du vollzieht. Man mag ein Gefühl noch so essentiell verstehen, es bleibt der Dynamik der Seele unterworfen, wo eins vom andern überholt, übertroffen, aufgehoben wird; es steht - zum Unterschied von der Beziehung - in einer Skala.

Vor allem aber hat jedes Gefühl seinen Platz innerhalb einer polaren Spannung; es zieht seine Farbe und seine Bedeutung nicht aus sich allein, sondern aus seinem Gegenpol auch; jedes Gefühl ist gegensatzbedingt.

So wird die absolute Beziehung, die in der Wirklichkeit alle relativen einschließt und kein Teil mehr wie sie, sondern das Ganze als ihrer aller Vollendung und Einswerden ist, in der Psychologie relativiert, indem sie auf ein herausgehobnes und abgegrenztes Gefühl zurückgeführt wird. Martin Buber Ich und Du, Reclam s.77

s.95 Nur wir sind nicht immer da.

 Sprechen wir aber Du zu ihm, 
 dann ist die ungebrochene Wahrheit der Welt von sterblichem Sinn gewortet.
 

Der Erleuchtung ist egal …

s98

 Das heischende Schweigen der Gestalt, 
 das liebende Sprechen des Menschen, 
 die kundtuende Stummheit der Kreatur: 
 alle sind sie Pforten in die Präsenz des Worts.
 Wenn aber die vollkommne Begegnung geschehen soll,
 sind die Pforten vereinigt zum Einen Tor des Wirklichen Lebens, 
 und du weißt nicht mehr, durch welche du eingetreten bist.
 
 »Wenn ein Mann mit seinem Weibe innig beisammen ist, 
 sind sie von der Sehnsucht der ewigen Hügel umweht.«

100

 Aber so wahr Gott uns umfaßt und in uns wohnt: wir haben ihn in uns nie. 
 Und wir reden mit ihm nur, wenn es in uns nicht mehr redet.
 
 Gestalt ist Mischung auch von Du und Es. 
 Sie kann in Glauben und Kult zum Gegenstand erstarren; 
 aber aus der Essenz der Beziehung, die in ihr fortlebt, 
 wird sie immer wieder zur Gegenwart.
 
 Gott ist seinen Gestalten nah, wenn der Mensch sie ihm nicht entrückt.

115

 Das Ereignis, dessen Weltseite Umkehr heißt, dessen Gottesseite heißt Erlösung.
 

Nachworte 1957

Man muß sich aber überhaupt davor hüten, das Gespräch mit Gott, das Gespräch, von dem ich in diesem Buch und in fast allen, die darauf folgten, zu reden hatte, als etwas lediglich neben oder über dem Alltag sich Begebendes zu verstehen.

Gottes Sprache an die Menschen durchdringt das Geschehen in eines jeden von uns eigenem Leben und alles Geschehen in der Welt um uns her, alles biographische und alles geschichtliche, und macht es für dich und mich zu Weisung, zu Forderung.

Ereignis um Ereignis, Situation um Situation ist durch die Personsprache befähigt und ermächtigt, von der menschlichen Person Standhalten und Entscheidung zu heischen. Wir meinen gar oft, es sei nichts zu vernehmen, und haben uns doch vorlängst selber Wachs in die Ohren gesteckt.

martin_buber.txt · Zuletzt geändert: 2023/10/07 10:07 von fritz