Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


meister_eckhart

Gustav Landauer hat als 30jähriger die „Mystischen Schriften“ des wohl vor 1270 geborenen Meister Eckhart aus dem mittelhochdeutschen übersetzt und 1903 ein Zusammenstellung herausgegeben, die ihm entsprach, nach dem er wegen Majestätsbeleidigung im Knast saß.

„1326 leitet der Kölner Bischof den Inquisitionsprozess gegen Meister Eckhart ein, er appelliert an den Papst und beeilte sich, 1327 zu sterben.“

Von stetiger Freude

Die Seele hat etwas in sich, ein Fünklein der Vernünftigkeit, das nimmer erlischt, und in dies Fünklein versetzt man das Bild der Seele als in das oberste Teil des Bewusstseins;

und es ist auch ein Erkennen in unsern Seelen, das äußern Dingen nachgeht, nämlich das sinnliche und Verstandeserkennen, das in Gleichnissen und in der Sprache vor sich geht, das verbirgt uns dies.

Wie sind wir Söhne und Töchter Gottes?

Das ist, dass wir ein Wesen haben mit ihm. Doch was wir darunter verstehen, dass wir Söhne und Töchter Gottes sind, das ist zu verstehen von dem äußern Verstehen und von dem innern Verstehen.

Das innere Erkennen ist, was sich vernünftig fundiert auf das Wesen unserer Seele. Doch ist es nicht das Wesen der Seele, es ist vielmehr darein gewurzelt und ist etwas vom Leben der Seele.

Wir sagen, dass das Verstehen etwas Lebendes der Seele sei, das heißt vernünftiges Leben, und in diesem Leben wird der Mensch geboren zu Gottes Sohn und zu dem ewigen Leben, und dies Erkennen ist ohne Zeit, ohne Raum, und ohne Hier und ohne Jetzt.

In diesem Leben sind alle Dinge eins und alle Dinge gemeinsam, alle Dinge alles in allem und allem geeinigt.

Gott macht, dass wir ihn selbst erkennen, und sein Wesen ist sein Erkennen, und es ist dasselbe, dass er mich erkennend macht, und dass ich erkenne, und darum ist sein Erkennen mein:

Wie das, was der Meister lehrt und der Schüler gelehrt wird, ein und dasselbe ist.

Und wenn also sein Erkennen mein ist, und wenn seine Substanz sein Erkennen ist und seine Natur und sein Wesen, so folgt daraus, dass sein Wesen und seine Substanz und seine Natur mein ist.

Und wenn also seine Substanz, sein Wesen und seine Natur mein ist, so bin ich der Sohn oder die Tochter Gottes.

Seht, Brüder, welche Liebe uns Gott geschenkt hat, dass wir Sohn und Tochter Gottes heißen und sein eigen.

Merkt, wie wir Söhne und Töchter Gottes werden: wenn wir dasselbe Wesen haben, das der Sohn hat.

Wie ist man der Sohn und die Tochter Gottes, oder wie weiß man es, wenn Gott niemandem gleich ist?

Das ist wahr. Wenn es also Gottes Natur ist, dass er niemandem gleich ist, so ist es notwendig, dass wir dazu kommen, dass wir nichts sind, auf dass wir in dasselbe Wesen gesetzt werden können, das er selbst ist.

Daher kann ich, wenn ich dazu komme, dass ich mich in Nichts umbilde und Nichts in mich umbilde, und hinaustrage und hinauswerfe, was in mir ist, in das reine Wesen des Geistes versetzt werden.

Da muss alles ausgetrieben werden, was Gleichnis ist, dass ich in Gott verwandelt werde und eins mit ihm werde und eine Substanz und ein Wesen und eine Natur und der Sohn und die Tochter Gottes.

Bewusstseinsbildung

meister_eckhart.txt · Zuletzt geändert: 2020/04/06 15:42 von fritzletsch