Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


otto_gross

„Deutschlands beste revolutionäre Geister wurden durch ihn erzogen und unmittelbar befruchtet. In einer ganzen Reihe von Schöpfungen der jungen Generation findet man seine Ideen mit jener spezifischen Schärfe und weittragenden Konsequenz, die er ihnen verlieh, verarbeitet. Erich Mühsam, Franz Werfel, Leonhard Frank, Franz Jung sind durch seine Schule gegangen“ (Karl Kraus 1920, S. 55).

am 17. März 1877 im österreichischen Gniebing bei Feldbach in der Steiermark geboren, 1899 mit 22 Jahren Arzt, ab einer Südamerika-Schiffsreise mit 23 wohl nach damaliger ärztlicher Mode Morphin-abhängig, + 13. Februar 1920 in Berlin

1901 und 1902 arbeitete er als Psychiater und Assistenzarzt in München und Graz, veröffentlichte seine ersten Arbeiten und ging zu einer ersten Entziehungskur an die Burghölzli-Klinik in Zürich. Zu einem ersten Kontakt mit Freud kam es entweder bereits in dieser Zeit oder spätestens im Jahre 1904. Befreundet mit Erich Mühsam

Der Schriftsteller Franz Jung meinte sogar, dass Gross Freuds Assistent gewesen sei (F. Jung 1923, S. 21), aber für diese Behauptung gibt es keine weiteren Belege außer einer Stelle in einem Brief von C. G. Jung an Freud, wo ersterer schreibt, “… möchte ich es wünschen, dass Groß Ihnen noch einmal analytisch begegnete„ (Freud/Jung 1974, S. 178).“ http://www.ottogross.org/deutsch/Dokumente/Biographie.html aus https://web.archive.org/web/20150907144850/http://www.ottogross.org/deutsch/Dokumente/Biographie.html

Im Jahre 1903 heiratete Gross Frieda Schloffer (1876-1950) und erhielt 1906 einen Lehrstuhl im Fach Psychopathologie an der Universität Graz. Im folgenden Jahr 1907 wurde sowohl sein Sohn Wolfgang Peter Gross (gest. 1946) geboren, als auch ein zweiter Sohn, ebenfalls auf den Namen Peter (gest. 1915) getauft, der aus Gross' Beziehung zu Else Jaffé (1874-1973), geborene von Richthofen, hervorgegangen war.

1907 hatte Gross eine weitere Beziehung zu Else Jaffés Schwester, Frieda Weekley (1879-1956), die später den Dichter D. H. Lawrence heiratete. Zu dieser Zeit lebte Gross in München und Ascona, in der Schweiz.

Erich Mühsam und Otto Gross in München

Sie hatten gemeinsame Freunde und Zeiten am Monte Veritá, dem damaligen Brennpunkt der Anarchisten, Bohemé und Freier Liebe, buntem Künstlerleben, zwischen veganen Lebensreformern, ausdrucks-suchenden Literat*innen und der noch nach Bildern suchenden Psychoanalyse.

Erich Mühsam und Otto Gross in München und am Monte Verita sind auch bei Reventlow beschrieben

Mühsam berichtet über seine PsychoAnalyse bei Gross an Freud:

In einem ausführlichen Brief berichtet Erich Mühsam an Freud von den Heilungserfolgen von Otto Gross durch die Psychoanalyse:

Die spätere Zeit

„… ist nicht ohne Bitternis ein Schuldgefühl zurückgeblieben, die Erkenntnis, dass es unmöglich geworden war, ihm zu helfen“ - http://dehmlow.de/index.php/de/otto-gross/147-tod-otto-gross

  • 1. Juni 1917: Ein Attest der Irrenanstalt „Am Steinhof“ in Wien weist Otto Gross eine „überstandene Geisteskrankheit“ nach
  • 18. Juli 1917: Otto Gross trifft auf einer Zugreise von Budapest nach Prag (in Begleitung von Mizzi und Sophie Kuh und Mizzi's Bruder Anton) Franz Kafka
  • 23. Juli 1917: Otto Gross in Prag bei Kafka zu Gast, Franz Werfel gleichfalls anwesend, der Plan, eine Zeitschrift „Blätter zur Bekämpfung des Machtwillens“ zu publizieren, wird diskutiert

13.2.1920: Der #Arzt, #Psychoanalytiker und #Revolutionär Otto Gross stirbt an einer Lungenentzündung und möglicherweise Entzugserscheinungen in der Privat-, Heil- und Pflegeanstalt Dr. Gustav Scholinus in Pankow„ („Spanische Grippe?“)

„In der Sterbeurkunde heißt es, Gross sei 42 Jahre alt und mosaischer Religion (2). Am gleichen Tag kündigt der Verlag „Die Erde“ das Erscheinen von Franz Jung's „Gott verschläft die Zeit“ an.“ http://dehmlow.de/index.php/de/otto-gross/147-tod-otto-gross #OttoGross und https://timenote.info/en/Otto-Gross-17.03.1877

Bildquellen: und

Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft: Heft 15 (1999) ISBN: 3-931079-20-1 Literatur und Politik vor dem 1. Weltkrieg. Erich Mühsam und die Boheme, 10,00 € Mühsam-Tagung 2000 http://erich-muehsam.de

seine heutige Bedeutung

liegt in der politischen Denkweise zu den damaligen Auseinandersetzungen: Die Gartenlaube-Romantik der Liebe, die uns auch heute immer wieder vorgegaukelt wird, weil sie konservative Geschäfte bedient … einschließlich der bürgerlich-heimlichen Pornos … und die psychoanalytische Forschung zu „Typen“ und introvertierten versus extrovertierten Erkrankungen (mit C.G.Jung und in Zeitschriften-Veröffentlichungen)

Franz Jung

Franz Jung kämpfte für die Freiheit von Otto Gross, Freund von Erich Mühsam und am Monte Verità, der auf Betreiben seines Vaters in der Psychiatrie gelandet war.

Neben Börsennachrichten, die Franz Jung für etliche Zeitungen verfasste, schrieb er eine Reihe von Büchern, die alle Szenen der Anarchisten und der Arbeiterkämpfe, der Auseinandersetzungen der Kommunisten jener Zeit in etlichen Städten schildern.

Ein Hintergrund für den Psychiatrie-Aufenthalt von Otto Gross war die  (damals durchaus verbreitete) ärztliche Morphinsucht sicher als Auslöser, aber seine anarchistische Einstellung und die Propagierung der Freien Liebe und der politisch denkenden Psychoanalyse, die auch Freud beim Salzburger Kongress abgelehnt hatte, sie waren der bürgerlichen Reaktion noch ein Gräuel:

Otto Gross 1919

Bei Kurt Eisner und bei Gustav Landauer erlebten wir noch die bürgerliche Verurteilung der Scheidung und Trennung der ersten Ehe mit öffentlicher Diffamierung, wie sie im Postfaschismus in der Nachkriegszeit der 1950er wieder üblich war, auch gegenüber „ledigen bzw. nichtehelichen Kindern“, vor allem aus kirchlichen Kreisen.

Zwischen Otto Gross zur Freien Liebe und Wilhelm Reich, mit sexueller Aufklärung und politischem Denken in der Psychotherapie, gegen die Abtreibungs-Gesetzgebung und die Massenpsychologie des PostFaschismus

später Laura und Fritz Perls und die Gestalttherapie,

denn die Psychoanalytiker brauchten bis in die 1980er Jahre, bis sie einen homosexuellen Analytiker zulassen konnten … https://queer-kunst.blogspot.com/2020/09/hintergrundige-realitaten.html

Otto Gross: Psycho-Analyse und Politik

http://raete-muenchen.de/otto-gross-psycho-analyse-und-politik

Otto Gross war ein aktives Mitglied der sozialistisch-anarchistischen Bewegung und auch in literarische Kreise in der Wiener, Münchner, Berliner und Schweizer Boheme integriert.

Friedrichshagen am Müggelsee

Auch Magnus Hirschfeld gehörte zu den „Dichterkreisen“, die nicht nur Maler und Theaterleute wie Strindberg, Gustav Landauer, Fidus und Erich Mühsam zeitweise in der „Berliner Sommerfrische“, dem östlich von Berlin gelegenen Luftkurort an der Bahnstation der Schlesischen Eisenbahn in bewegten Kreisen lebten:

Von hier aus wurde die Erneuerung der Freien Volksbühne Berlin betrieben, als sie unter SPD-Regentschaft nur noch ältere Literaten spielte, und die Gedanken der Lebensform nach der Kaiserzeit vorbereitet: Anarchismus, Sozialismus, Demokratie – wie sollte das gehen?

Hier gibt es auch ein wunderbares Antiquariat, das ein kleines Museum beherbergt: Der Dichterkreis Friedrichshagen hatte aktuell eine Ausstellung und ein Heft zu Gustav Landauer auf der Basis der reichhaltigen Polizei-Akten zusammengestellt,

aber auch die Serie der thematischen Hefte zu Gästen, Theaterleuten, Malern und Genossenschaften, die das damalige Aufbrechen zu neuen Lebensformen herbei schrieben, druckten und selbst versuchten, ist eine spannende Fundgrube zu jener Zeitgeschichte.

Am Monte Verita

Otto Gross brachte als Freud-Schüler die aktuellen Denk-Figuren der PsychoAnalyse: Was in der „Rede-Kur“ aus der Verdrängung geholt wurde, welche autoritären Verformungen in der Erziehung passieren (davon hatte Gross heftiges durch seinen autoritären Vater erfahren)

und wie das Leben in der Freien Liebe zu gestalten sei

…mühsam_johannes_nohl_raphael_friedeberg_in_ascona_1905

… neben dem Entzug, den Gross für seine Kokain-Abhängigkeit dort suchte, Hermann Hesse für seine Alkohol-Sucht.

Umfragen in Schwabinger Cafes

Es gibt Erzählungen zu seinen Umfragen zur Zufriedenheit mit der erlebten Sexualität, die auch in den Kreisen der Boheme noch aufsehen erregten, in denen eine Franziska Gräfin zu Reventlow als erste bewusste Allein-Erziehende mit Sohn noch Aufsehen erregte.

Freund und Berater von Erich Mühsam

Erich Mühsam lebte damals in einer Beziehung und auf Wanderschaft mit Johannes Nohl, aber auch in wechselnden Arten der Freien Liebe, bürgerlich noch völlig unaussprechbar, heute vielleicht unter polyamor zu fassen: Wenn alle Beteiligten offen damit umgehen können.

Die Freie Liebe als Politikum

Otto Gross hatte als junger Meisterschüler der Psychoanalyse auch intensive Kontakte mit seinen Klient*innen, geriet wegen einer Selbstmord-Geschichte mit Gift kriminalistische Untersuchungen, propagierte in Zeitschriften-Artikeln und im Austausch mit Erich Mühsam Gedanken der Freien Liebe und lebte sie auch, wie manche Künstler*innen damals in „offener Ehe“:

Auf dem 1. Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Salzburg gab es heftige Auseinandersetzungen: Otto Gross sprach dort über „culturelle Perspektiven“ der Psychoanalyse, meinte aber vor allem auch die politische Bedeutung, die psychoanalytische Arbeit ernst nehmen sollte, die konservative Ärzteschaft wollte aber von den Bedeutungen für emanzipatorische Bewegungen nichts wissen.

Später verordneten Freud und die führenden Kreise der Psycho-Analytischen Gesellschaft ein Erwähnungs-Verbot für den Namen Otto Gross, wie 1936 auch auch für Wilhelm Reich, das bis heute noch in den universitären Kreisen unbewusst weiter gilt.

Lebensreformer*innen

Der Monte Verita wirkt weiter: Nicht nur die immer noch wirksame Provokation der Nacktheit, auf Liegewiesen im Englischen Garten als Erwähnung in japanischen Reiseführern für München …

Drogen als Absturz

Otto Gross lieferte Beiträge für die Zeitschriften Die Erde und Das Forum, und er wechselte seine Wohnorte zwischen Graz, Wien und München. Im Oktober 1919 zog er nach Berlin, wo er bei Cläre und Franz Jung in Friedenau wohnte.

Am 11. Februar 1920 wurde er unter Entzugssymptomen leidend in einem Durchgang zu einem Lagerhaus von Freunden – auch von Hans Walter Gruhle – aufgefunden und in eine Klinik nach Pankow gebracht, wo er zwei Tage später starb.

Otto Gross promovierte und habilitierte in dem Fach Psychiatrie. Er war in seiner Forschung bemüht, eine Synthese zwischen Psychoanalyse, Psychiatrie und Nietzscheanischer Philosophie zu entwerfen.

Gross zählt zu den ersten Autoren, die über Psychoanalyse veröffentlichten. Von Sigmund Freud wurde er geschätzt.

Auf dem 1. Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Salzburg sprach er über „culturelle Perspektiven“ der Psychoanalyse.

Er war ein aktives Mitglied der sozialistisch-anarchistischen Bewegung und auch in literarische Kreise in der Wiener, Münchner, Berliner und Schweizer Boheme integriert.

Aufgrund verschiedener Affären und wegen seiner Drogensucht wurde er auf Betreiben seines Vaters, des berühmten Strafrechtlers Hans Gross, in psychiatrischen Anstalten interniert, entmündigt, steckbrieflich gesucht und als Anarchist verhaftet. 1920 verstarb er unter ungeklärten Umständen. http://www.psyalpha.net/biografien/otto-gross

Quellensammlung

Im Umkreis von Franz Kafka:

Sophie Templer-Kuh wurde in 1916 in Wien, Österreich als Tochter von Marianne Kuh, Schwester des berühmten Essayisten und Journalisten Anton Kuh, und dem Psychoanalytiker Otto Gross geboren.

Ihr Vater starb, als sie vier Jahre alt war. https://lchaim.berlin/tag/sophie-templer-kuh/

Michail Bakunin war früher (auch mit anerkannten Kindern des zweiten Partners seiner Frau, seines Mitarbeitenden) … auch mit Richard Wagner (und seinen späteren offenen Beziehungen) in Dresden bei den Aufständen

otto_gross.txt · Zuletzt geändert: 2024/02/13 16:59 von fritz