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philipp_loewenfeld

Die Todesstrafe ist in Europa und vor allem in Bayern noch nicht so lange Geschichte: Als Forderung der zuerst noch bis 1890* verbotenen Sozialisten, wandte die Mehrheits-SPD in der ersten großen Koalition nach der Revolution in Bayern sie sogar gesetzwidrig an:

Die Verfahren, auch zur Ermordung von Kurt Eisner hätten zum Reichsgerichtshof überwiesen worden müssen, die Volksgerichte begannen ihre blutige Tradition, berichtet Philipp Loewenfeld in seinen Erinnerungen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Loewenfeld gibt euch mehr Lebens-Daten dazu:

Philipp Loewenfeld

(* 23. September 1887 in München; † 3. November 1963 in New York) war ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker (SPD). http://raete-muenchen.de kennt noch mehr:

http://raete-muenchen.de/recht-und-politik-in-bayern

Recht und Politik in Bayern

  Der Weltkrieg hat den Zusammenbruch der politischen und wirtschaftlichen Ordnung herbeigeführt. 
  Das entrechtete, von der Entscheidung über seine Lebensfragen ausgesperrte Volk 
  wurde von schrankenlos herrschenden Gewalten in Krieg und Untergang getrieben. 
  In der Stunde höchster Not aber raffte sich dieses ohnmächtige Volk auf, 
  zertrat in gewaltiger revolutionärer Erhebung das schuldige System der Vergangenheit 
  und riß die Macht an sich. Das politisch ohnmächtige Volk wurde durch die Revolution das freieste. 

http://verfassungen.de/de/by/staatsgrundgesetz18.htm

Der Völkerbund, als dessen Mitglied die erste bayrische Räte-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Kurt Eisner sich verstand, war die neue internationale Gruppe, die den Friedensvertrag vorbereiten und die Kriegshintergründe aufklären wollte.

Die Friedensbewegungen hatten sich in den Kriegsvorbereitungen schon zusammen getan, um den Krieg zu verhindern, doch wenig Erfolg: Die Waffenindustrie war stärker, die SPD kippte um.

Kurt Eisner hatte auch durch die Akten der vormalig königlichen Ministerien belegen können, dass Adel, Militär und Monarchie schon seit 1907 mit dem Schlieffen-Plan den nächsten Überfall auf Frankreich vorbereitet hatten, als Wiederholung des damals so schnell geglückten 1870/71-er Krieges, der mit seinen eroberten Schätzen Frankreichs einen großen Aufschwung gebracht hatte:

Franzosen-Viertel in allen größeren Städten, die Isar-Verbauung an der Sieges-Göttin NIKE, die bis heute freundlich „Friedensengel“ genannt wird.

Im Gegensatz zu Berlin …

wo es von vorne herein zwei Ausrufungen der Republik gegeben und um die „roten Matrosen“ auch heftige Straßenkämpfe, diverse Polizei-Schießbefehle der SPD und viele Tote auf allen Seiten

Bayern streitet in der SPD

denn zuerst war ja auch der pazifistische Flügel aus der Reichstags-SPD ausgeschlossen worden, aber konsequent im Programm, das bis kurz vor dem Kriegsanfang ja selbst noch pazifistisch gewesen war …

und als die parlamentarische Form zu sehr von Berlin gegängelt wirkte, die sowjetische Freiheits-Räte-Form der ersten Februar-Revolution noch gute Nachrichten aus Russland hatte, aber auch die Offenlegung der Kriegslügen, auf die eine große Menge der Reichstags-Partei und des bayrisch-königlichen Landtags herein gefallen war …

Philipp Loewenfeld ist als Jurist eher auf der Mehrheits-SPD-Seite und hält flammende Reden gegen die Räte, die er nicht aus den Betrieben und Kasernen legitimiert sehen kann, versucht aber auch Vermittlungsgespräche und gerät immer wieder zwischen die Fronten, vor allem, wenn er Rechtsbruch erlebt. Die Notizen daraus werden sich noch vermehren …

… denn die Arbeit an dem dicken Buch ist immer wieder neu überraschend und zieht in jene Zeitgeschichte: Einführung als zeitgeschichtlicher Überblick:

Von der Kindheit und Jugendzeit bis zur Flucht 1933, in den USA auch für die dortige Diskussion geschrieben

Rätekongress und russisches Rätemodell

– meinte das Bodenreform und Betriebs-Enteignungen, Arbeiterverwaltung?

Entwicklung der Nazi-Terror-Struktur aus der Münchner Justiz und Polizei: Von Standgerichten gesprochenes Unrecht bis zum Volksgerichtshof als Perversion, der alle Täter der Standgerichte und Feme-Morde freispricht

Kindheit und Jugend

  • Die Kanzlei des Vaters und Wohnung in der Pfandhausstr. 3 etwa am heutigen Lenbachplatz / Maxburg
  • Ludwig Thoma als ungeliebter Mitarbeiter des Vaters und eine Abrechnung, auch mit dem später gleichgeschalteten Simplicissimus
  • Der sozialpolitische Freund des Vaters Theodor Loewenfeld, Philipp Lotmar bekam eine Professur in Bern und schrieb ein erhaltenes Gedicht:
  • „Der Kunstkaffer“ - Ein Brief als Bild auf http://raete-muenchen.de/recht-und-politik-in-bayern

Eine Sozialpolitische Vereinigung

Philipp Loewenfelds mit Beteiligung von Lujo Brentano, in der Gaststätte gegenüber der LMU in der Amalienstraße, bei der König Ludwig III (oder sein Sohn?) als Gast die erste Studentin in seinem Leben sieht, und vergisst sein Bier zu zahlen … er schickt am nächsten Tag seinen Adjutanten …

Die „misslungene Revolution“, denn Philipp Loewenfeld schreibt aus der Sicht des Juristen und der Mehrheits-SPD, bleibt den Arbeiter-Räten und dem Geschehen gegenüber skeptisch

Max Hirschfeld, ebenfalls jüdischer Demokrat, war Kollege in der Kanzlei und führte die Verteidigung zB. Felix Fechenbachs in der Anklage von „Landesverrat“ fort, die aus der Weitergabe von Materialien der früheren Regierung durch Kurt Eisner im Kriegstreiben der Reichsregierung von der bayrischen Nach-Revolutions-Regierung konstruiert worden war, flüchtete dann ebenfalls in die USA.

Im fünften Kapitel (Auszug)

  Beginn der Anwaltstätigkeit S. 224
  Haftbefehl gegen Max Levien S. 226
  Eisners Ermordung S. 228
  Verfahren gegen Graf Arco S. 229
  Urteil gegen Lindner S. 231
  Rente für Eisners Hinterbliebene S. 235
  Zweite Revolution und Rätekongress S. 240
  Gustav Landauer S. 241
  Erich Mühsam S. 244
  Max Levien S. 249
  Scheitern des Rätekongress S. 253
  Ministerium Hoffmann S. 256
  Revision des Staatsgrundgesetzes S. 261
  SPD-Versammlung am 21.3.1919 S. 264
  ….

Königliche Eselskaben … und ähnliche schöne Bemerkungen zu den adeligen dümmlichen Mitschülern … Empfehlung in der Landeszentrale für politische Bildung:

recht-und-politik

Vom grundlegend wirkenden Titel nicht abschrecken lassen:

Die Lebens-Erinnerungen von Philipp Loewenfeld, geschrieben nach seiner Flucht aus München am 11. März 1933 kurz nach der Verhaftung seines Rechtsanwalt-Kanzlei-Kollegen Max Hirschfeld, schildern die Facetten des jüdisch-bürgerlichen Lebens in München vom Heranwachsen bis zum Einsatz für sozialpolitische Fragen und den Eintritt in die SPD, den Kriegsdienst und die Auseinandersetzungen zum ende des Krieges;

als einer der drei Verfasser der ersten Verfassung des Freistaat Bayern im Auftrag Kurt Eisners, in gut 700 Seiten mit Kommentaren und weiteren Quellen versehen, lesen sich hervorragend und geben einen anschaulichen Blick auf das Leben des jüdischen Rechtsanwaltes und Honorarprofessor für Recht, der sich in der vor-Revolutionszeit schon zu sozialwissenschaftlichen Fragen organisierte.

Seine oft beißenden Beschreibungen, auch mitten aus dem politischen Geschehen, und seine bitteren Erwägungen, der SPD beizutreten, klingen absolut aktuell, er kann die Rolle und Sicht der Sozialdemokratie in jenen und heutigen Jahren reflektieren helfen …

Recht und Politik in Bayern zwischen Prinzregentenzeit und Nationalsozialismus

Artikel-Nr.: 05300534 – kostet 8,00 €

Im Bestellportal finden Sie alle Publikationen der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, die Räume sind jetzt auf der Praterinsel 2. Siehe auch fairmuenchen.de/philipp-loewenfeld/<

Das http://arbeiterarchiv.de hatte vor Jahren eine hervorragende Veranstaltung mit dem Herausgebenden Professor, auch zur Erstellung des Anmerkungsapparates

* ————— https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistengesetz Sozialistengesetz ist die Kurzbezeichnung für das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, das von 1878 bis 1890 im Deutschen Reich galt und während dieser Zeit mehrfach verlängert wurde. Wegen der verschiedenen Einzelbestimmungen in 30 Paragraphen, der viermaligen Verlängerung und wegen kleiner Modifizierungen spricht man oft auch im Plural von den Sozialistengesetzen.

Das Gesetz verbot sozialistische, sozialdemokratische, kommunistische Vereine, Versammlungen und Schriften, deren Zweck der Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung sei. Aus dem Sozialistengesetz resultierte die Verlagerung sozialdemokratischer Aktivitäten in den Untergrund bzw. ins Ausland sowie Massenverhaftungen und -ausweisungen. Lediglich die Sozialdemokraten im Reichstag blieben aufgrund ihrer parlamentarischen Immunität unangetastet.

Trotz der massiven Repressionspolitik war die Kandidatur und Wahl sozialdemokratischer Politiker als Privatpersonen weiterhin möglich und die einzige legale Möglichkeit zur politisch-rechtlichen Interessenvertretung.[1] Die neuere Forschung verweist für eine angemessene Analyse der Sozialistengesetze auf die Bedeutung des internationalen Kontextes, wo Sozialisten zum Teil schärferen Repressionen ausgesetzt waren als im Deutschen Reich.[2]

philipp_loewenfeld.txt · Zuletzt geändert: 2022/06/06 14:01 von fritz