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 Adorno meinte, dass, wer "keine Heimat hat, dem wird wohl das Schreiben zum Wohnen". 

KUNST IST MAGIE, BEFREIT VON DER LÜGE, WAHRHEIT ZU SEIN ~T.W ADORNO

Vor gut 100 Jahren, als die Psychoanalyse noch aus der forschenden Medizin und Psychiatrie entstand und nach der „Redekur“ mit vielen PatientInnen der streng erzogenen oberen Schicht deren sexuelle Anreizung und strenge Reglementierung bei ständigen, allen bekannten Ausnahmen und Übergriffen vor allem Theorien um Unbewusstes und Verdrängtes, aber auch Wahn-Vorstellungen abgrenzten.

Die jungen Ärzte erlebten als Psychoanalytiker aber auch ein politisches Feld, das der Aufklärung völlig entgegenstand: Adel, Besitzende, Kirchen und Militärs wollten mit der Aufrüstung und Kriegshetze weiter machen, wie gewohnt, schossen sozialistische und revolutionäre Kräfte mit Billigung und Hilfe der SPD nieder. Abtreibungen unter Strafe, sexualpädagogische und politische Aufklärung unerwünscht,

Die Worte Frankfurter Schule und später „Kritische Theorie“ klingen nicht so anschaulich, dass wir die Überlegungen zu unserem Lebensstil und Zusammenleben darin besprechen und erforschen können, was viele lieber in das „philosophieren“ als theoretisches Denken verlagern.

 Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, 
 noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen. Theodor W. Adorno

Demokratie als Kunst

Demokratie wird uns im allgemeinen als die gewachsene Part-eien- Landschaft verkauft, in der wir uns einrichten sollen, die als höchste Form gefeiert wird und sich doch grade selbst in ihrer Unfähigkeit darstellt: Wie in Amerika unter Trump zeigen sich unsere bezahlten Medien und Part-eien

Gibt es Ein richtiges Leben im Falschen?

Die Frage: Gibt es ein richtiges Leben im Falschen ist für Viele eine Kurzfassung von Adorno geworden, die auch gelegentlich auf ein Was tun? von Lenin reduziert werden kann: Denken und reden, aber sonst?

Die Kritische Theorie wurde in der deutschen Auseinandersetzung und Rezeption der letzten Jahre sehr auf „etwas philosophieren“ reduziert, ohne den internationalen und den psychotherapeutischen Kontext und seine Entwicklungen wirklich ernst zu nehmen.

Die internationalen Fortschreibungen in den süd- und nord-amerikanischen Literaturen nahmen zum Beispiel die Gedanken von Paulo Freire und der Pädagogik der Unterdrückten auf, die sich neben etlichen Pädagogen auch auf Antonio Gramsci, Rosa Luxemburg und Gustav Landauer beziehen, und führen diese in feministischen, kolonial-kritischen und umweltbewussten Gedanken weiter, die hierzulande an den Hochschulen noch Neuland sind.

Wenn es an Aufklärung fehlt, werden Gebiete religiös vereinnahmt Amselfeld, Krim und Palästina haben parallelen: https://www.zeit.de/kultur/2023-01/antisemitismus-linke-bewegungen-judentum-politik

Adorno und die Kabbala (2016)

Im neunten Band der Reihe Pri ha-Pardes geht Ansgar Martins kabbalistischen Spuren in der Philosophie Theodor W. Adornos (1903–1969) nach. Der Frankfurter Gesellschaftskritiker griff im Rahmen seines radikalen materialistischen Projekts gleichwohl auch auf ‚theologische‘ Deutungsfiguren zurück.

Vermittelt durch den gemeinsamen Freund Walter Benjamin (1892–1940) stieß Adorno dabei auf das Werk des Kabbala-Forschers Gershom Scholem (1897–1982). Zwischen Frankfurt und Jerusalem entwickelte sich eine lebenslange Korrespondenz.

Für Adorno erscheint vor dem Hintergrund lückenloser kapitalistischer Vergesellschaftung jede religiöse Sinngebung in der Moderne als unmöglich. Der Tradition der jüdischen Mystik schreibt er hingegen eine innere Affinität zu dieser hoffnungslosen Logik des ‚Verfalls‘ zu.

Sie scheint ihm zur unumgänglichen Säkularisierung religiöser Gehalte aufzufordern. Adorno kabbalistische Marginalien beziehen einen breiten Horizont jüdisch-messianischer Ideen ein. Er verleugnet dabei nie, dass es ihm um eine sehr diesseite Verwirklichung geoffenbarter Heilsversprechen zu tun ist:

Transzendenz sei als erfüllte Immanenz, als verwirklichte Utopie zu denken. In diesem Anliegen sieht Adorno selbst jedoch gerade seine Übereinstimmung mit der Kabbala.

  „Der Gestus des interpretierenden Gedankens gleicht dem Lichtenbergischen 
  ‚Weder leugnen noch glauben‘, den verfehlte, wer ihn einebnen wollte auf bloße Skepsis. 
  
  Denn die Autorität der großen Texte ist, säkularisiert, jene unerreichbare, 
  die der Philosophie als Lehre vor Augen steht. 
  
  Profane Texte wie heilige anschauen, das ist die Antwort darauf, 
  daß alle Transzendenz in die Profanität einwanderte und nirgends überwintert als dort, 
  wo sie sich verbirgt.“ – Theodor Adorno: Zur Schlußszene des Faust (1959)

Ansgar Martins: https://www.academia.edu/28386869/Adorno_und_die_Kabbala_2016

„… er unterstellte, dass die kabbalistischen „Spekulationen […] auf den deutschen Idealismus bedeutenden Einfluß ausgeübt hatten und mir darum philosophisch wiederum vertrauter und näher waren, als es […] zu erwarten gewesen wäre.“ (GS 20.2, 483)“ S.11

„Auf jüdische Mystik referiert er – im Unterschied zu anderen religiösen Traditionen – als gelingendes Beispiel einer Einwanderung des Sakralen ins Profane, er unterstreicht, anknüpfend an Scholem, ihren „Umschlag“ in Aufklärung.“ S.12

„Adornos ‚Kritische Theorie‘ ist kritische Theorie, die gegen den Widersinn der modernen Gesellschaft auf deren praktische Veränderung zielt. Einstweilen entfaltet sie ihre argumentative Kraft weniger in systematischen oder (gar religions-)historischen Betrachtungen als aus konkreten theoretischen Interventionen, d. h. daraus, „ganz profane, dafür aber akute Erscheinungen zu zerlegen“. S.13

  Jürgen Habermas hat seinen  Vorwurf, dass die „Idee der Versöhnung“, 
  d. h. letztlich die Idee der Utopie, sich mit Adorno nicht mehr denken lasse, 
  um den Hinweis ergänzt: 
  „Allenfalls läßt sich diese Idee noch in den Bildern der jüdisch-christlichen Mystik umkreisen […].“
  

Bedürfnisse:

die Voraussetzung aller kritischer Reflektion über Bedürfnisse, dass der Mensch satt, bekleidet, behaust und versorgt sein muss, nie zu ignorieren. Das schützt davor, voreilig ins Sozialpsychologische zu wechseln. (Hilfestellung: Theodor W. Adorno)

Wenn Adorno, was selten ist, die befriedete Zukunft doch einmal auspinselt, dann so: „Wenn es einmal kein Monopol mehr gibt, wird sich rasch genug zeigen, dass die Massen den Schund, den die Kulturmonopole, und die jämmerliche Erstklassigkeit, die die praktischen ihnen liefern, nicht 'brauchen'.“ („Thesen über Bedürfnisse“)

Was Utopie ist: Radiobeitrag

Knapp 3 min: Was Utopie ist: Radiobeitrag https://youtu.be/W5JMLKeH0iw?feature=shared

Danke an Karl: „Der Zweck der Revolution ist die Abschaffung der Angst.“

Theodor W. Adorno in einem Brief an Walter Benjamin, 18.3.1936

“Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.

 Sie geht so sehr jeglicher anderen voran,
 dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. 
 
 Ich kann nicht verstehen, dass man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat. 
 Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug.”

Theodor W. Adorno

Günther Anders an Theodor W. Adorno, 27.8.1963

…Es ist mir nämlich unbegreiflich, wie es möglich ist, auf der einen Seite als philosophischer Autor im prägnantesten Sinne ein Avantgardist zu sein; auf der anderen Seite aber eine offizielle Stellung zu bekleiden, und sich von denjenigen, denen man durch das, was man schreibt, die Achtung versagt, ehren zu lassen.

Mir scheint, man kann nicht als ein Professor Nietzsche leben oder als ein surrealistischer Geheimrat. Etwas von dieser Kreuzung haben Sie aber in meinen Augen an sich. Solche Doppelexistenz muss sich, glaube ich, rächen. Ein Revolutionär – und als Theoretiker sind Sie das natürlich –, der sich durch seine Stellung selbst sein Hände bindet, der erregt Misstrauen.

So war in manchen Augenblicken, in denen die politischen potatoes besonders heiß wurden (atomare Situation, Notstandsgesetz etc.) das Stummbleiben Ihrer Stimme einfach beklemmend. Soweit es mir bekannt ist, haben Sie zu derartigen issues niemals öffentlich Stellung genommen. Es ist schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass Sie sich, anerkannt als offiziell zugelassener Papst der Radikalität, in der ominösen und jämmerlichen Deutschen Bundesrepublik doch irgendwie häuslich eingerichtet haben.

Andererseits gerät man durch diese Aktionsaskese leicht in die Versuchung, sich an seinem Publikum zu rächen. Sie wissen, dass ich stilistisch nicht ganz unempfindlich bin. Und ich glaube, diesen Ton der Rache, der Verachtung, der Vergewaltigung in Ihrem Stil zu spüren. So missgönnen Sie z. B. Ihren Lesern durch die Formatelosigkeit Ihrer Texte, durch grundsätzliche Vermeidung von neuen Absätzen, das Atemholen; Sie drängen ihn weiter, obwohl er bei der (sachlich legitimen) Schwierigkeit Ihrer Gedankengänge eigentlich im Schneckentempo kriechen müsste. (…)

Da Sie auf politische Aktion oder Teilnahme an wirklicher politischer Opposition verzichten, versuchen Sie, mit sprachlichen Mitteln etwas Aktionsähnliches zu erzeugen, mindestens dem Leser etwas anzutun. – Der Zusammenhang mit dem «Terrorismus», von dem ich vorhin sprach, ist klar. Denn zugleich scheinen Sie Ihre Leser dafür strafen zu wollen, dass sie Ihnen stets unterlegen, also grundsätzlich die falschen Leser sind. Literarischer Sadismus.“

Robert Jungk (Hrsg.): Off limits für das Gewissen. Der Briefwechsel zwischen dem Hiroshima-Piloten Claude Eatherly und Günther Anders. Einleitung: Robert Jungk, Vorwort: Bertrand Russell, Rowohlt, Reinbek 1961.

zu Günther Anders und Robert Jungk oder zum Start?

adorno.txt · Zuletzt geändert: 2024/02/15 20:48 von georgios