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Zur theoretischen Verbindung der beiden Praktiker in der Kritischen Praxis auf Freire-Boal

Paulo Freire (* 19. September 1921 in Recife; † 2. Mai 1997 in São Paulo) war ein in Theorie und Praxis international einflussreicher brasilianischer Jurist, Pädagoge und weltweit rezipierter Autor (wikipedia ) und wirkt international in Kritische Pädagogik wie Kritische Theorie: Kritische Praxis auch auf Freire-Boal

Die Gedanken und pädagogischen Ansätze von Paulo Freire in der Pädagogik der Unterdrückten waren in den siebziger Jahren so revolutionär, dass sie viele Menschen weltweit begeisterten. Konservativen Politikern und PädagogInnen erschienen sie (manchen bis heute) zu „verdächtig“, um sie in unsere Bildungs-Praxis umzusetzen:

Freire unterteilt den Prozess der Bewusstseinsbildung in drei Stufen:

1. semi-transitives Bewusstsein: Der Mensch sieht seine Situation als unveränderlich an und sein Erfahrungswert ist damit begrenzt. Er hat keine Kraft Widerstand zu leisten und resigniert.

2. naiv-transitives Bewusstsein: Durch den Dialog nehmen die Menschen ihre Lebenswelt und die damit verbundenen Widersprüche wahr.

3. kritisch-transitives Bewusstsein: Der Mensch nimmt die Missstände der Welt in der er lebt nicht nur wahr, sondern er kann sie auch kritisch reflektieren. Er ist in der Lage Lösungen für seine Probleme zu suchen.

Das Ziel von Freire ist es, dass die Bevölkerung die dritte Stufe des Bewusstseins erlangt.

Von Alphabetisierung, „educación popular“, solidarischer Ökonomie, lokaler Politik, Bewegung arbeitender Kinder, Konzepte für viele Basisorganisationen, Bildung für nachhaltige Entwicklung, bis zu demokratischer Unternehmensführung gehen die „Auswirkungen“ der befreienden Pädagogik von Paulo Freire.

Bankiers-Erziehung nannte Freire die Art, fertiges Wissen in die Köpfe der Kinder einzulagern und wieder abzufragen, Bulimie-Lernen nennen es heute Studierende, wenn sie mit Halbbildung für Berufe vorbereitet zu werden, statt selbst zu forschen und zu studieren.

Unsere Kultur des Schweigens mit den giftigen Mythen aufdecken:

Das Theater der Unterdrückten, das Augusto Boal im selben Kontext entwickelte, Teile der Befreiungstheologie, die „ Partzipativen Haushalte“ (Bürgerhaushalt) sowie die Arbeit an der „Lernenden Organisation“ beziehen den Hintergrund von ihm, die Idee des Weltsozialforum entstand im Porto Alegre durch Chico Withaker. https://de.wikipedia.org/wiki/Chico_Whitaker

Im Regenbogen der Wünsche, ursprünglich Rainbow of Desire entwarf er noch psychologisch tiefergehende Arbeitsweisen mit Theatermethoden auf der Bühne. Zuletzt schrieb Augusto Boal noch eine Aesthetik der Unterdrueckten, die seinen pädagogischen Weg zu einer gesellschaftlichen Sichtweise beschreibt.

Im Jahr 1994 war Paulo Freire bei uns in München

1994 hatten wir, die Paulo Freire Gesellschaft ihn in München und in verschiedenen europäischen Städten zu Gast,

1996 konnte eine weitere Deutschland-Reise, bei der er Jürgen Habermas treffen wollte, was für eine gemeinsame Tagung spannend gewesen wäre … leider nicht mehr stattfinden. Am 2.Mai 1997 ist er dann 75jährig in Sao Paulo (Brasilien) verstorben. Sein Denken trägt weiterhin Früchte.

Augusto Boal war oft in München

Ich erlebte ihn erstmals 1981, er wohnte damals in Paris, und in Berlin gab es die meisten Fortbildungen mit ihm, die grössten Projekte waren in Pasing und Gauting 1995 und 1997, im Rathaus München 1999.

Augusto Boal, 16.3.1931 in Rio de Janeiro, Brasilien geboren, gilt als einer der wichtigsten Theatermacher und Theatertheoretiker, der Anspruch ist, mit Theater die Realität nicht nur zu interpretieren, sondern diese auch zu verändern. Während seiner Exilzeit in Europa beeinflusste er auch die hiesige Theaterpädagogik und bekam 1994 von der UNESCO die Pablo-Picasso-Medaille.

Boal entwickelte die verschiedenen Theaterformen des „Theater der Unterdrückten“, wie „Forumtheater“ und „Unsichtbares Theater“ und Legislatives Theater.

Frühere Formen der Alphabetisierung und Bewusstseinsbildung auf Grund der Kritischen Theorie in der Anlehnung an die Pädagogik der Unterdrückten von Paulo Freire im Theater waren viele körperliche Erfahrungs-Methoden, Spiele und Übungen, Zeitungstheater und „Chamber in the Street“, eine Form, die parlamentarische Abläufe auf die Straße brachte.

Eine Zeit lang arbeitete er mit psychologisch inspirierten Methoden des Regenbogen der Wünsche, die in den amerikanischen Ländern sehr schnellen Bühnenerfolg brachten, hierzulande haben wir sie eher selten angewandt.

Zuletzt stellte er ein Buch fertig, die „Ästhetik der Unterdrückten“, in dem er darlegt, wie uns der Unterhaltungsmüll reaktionsunfähig macht und wie wir zu internationaler Solidarität zurückkommen. Dann starb er am 2.Mai 2009, wie schon 1997 Paulo Freire.

Von einander lernen

Wie Bert Brecht hatte Augusto Boal mit seinen Arbeiten auch seine Methoden gesammelt, die Übungen und Spiele, nach den Orten benannt, an denen er sie gelernt hatte. So arbeitete auch die Bewusstseinsbildung mit Elementen des Volkstheater,

Das gemeinschaftliche Lernen und Forschen von Freire ist auch im Ansatz schon bei Rosa Luxemburg zu finden:

Theorie sucht nach der Quelle, die Praxis nach dem Ziel

Bert Brecht sah seine Inszenierungen im Sinne der Aufklärung, nicht der Ablenkung: Ein Beispiel sei das „Brecht-Licht“, das eine Szene gleichmäßig ausleuchtet, das Gesamt-Geschehen durchsichtig macht, statt hinter Kulissen und Vorhängen diffuse Verwicklungen zu konstruieren.

Die Lehrstücke waren zur Ausbildung der Schauspielenden gedacht, die richtigen Fragen zu stellen, statt die überzeugendsten Gefühle und Stimmen zu präsentieren, damit das Denken der Zusehenden möglich bleibt.

Theater vor der Aufklärung

Illusionstheater mit Kulissen und Schminke wollte nach der griechischen Tragödie mit Chören etc. den Spannungsbogen vom Prolog bis zu einem moralischen Ende spannen, wie auch heute noch Hollywood-Filme ein „happy end“ versprechen, wie inzwischen auch eine Klopapier-Marke benannt ist.

Brecht'sche Ansätze über Freire

Augusto Boal bricht im Forumtheater den Spannungsbogen am höchsten Punkt und fordert zum Dialog auf dem Weg zu gemeinschaftlich gut befundenen Lösungen.

Die Joker-Figur führt das Gespräch mit der Forum-Gruppe und dem Publikum in offener Weise:

  • Seid ihr zufrieden?
  • Wollt ihr euch noch besprechen?
  • Wer möchte eine andere Lösung?
  • Magst du spielen?
  • was hat sich geändert?

Für ein "Theater der Empörung"?

Analog zur Ecopedagogy auf dem Weg zur Pädagogik der Empörung von Paulo Freire bis 2. Mai 1997 schrieb Augusto Boal eine Ästhetik der Unterdrückten als Kulturkritik und Abschluss seines Lebenswerkes bis 2. Mai 2009 vielleicht auf Theater der Empörung?


Paulo Freire und Augusto Boal gingen am 2.5.

Paulo Freire und Augusto Boal starben am 2.5. - wie Gustav Landauer

Beide Brasilieiros haben die Bildungsarbeit, das Theater und die Pädagogik verändert, wovon die konservativen Strukturen in unseren Bildungs-Tempeln und Theatern bis heute nicht wirklich wissen wollen.

Beide hatten in den brasilianischen Militärdiktatur in den 1960er und 1970er Jahren nach demokratischen Lern- und Lebensformen geforscht, bei Brecht und Piscator und Habermas gefunden: Lern-Autonomie, Forumtheater und Pädagogik wie Theater der Unterdrückten und Befreiungstheologie geprägt, mussten ins Exil, denn auch die CSU und F.J.Strauß unterstützten die Diktatur und Folter …

Die Gewalt der Verhältnisse

Bert Brecht war, wie etliche deutsche Exil-Schriftsteller und Theaterleute wie Erwin Piscator eine Inspiration in der Diktatur und brüchigen Demokratie:

Den Fluss nennt ihr gewalttätig, aber nicht die Ufer, die ihn begrenzen?

Wer aber seine Lage begriffen hat: Wie sollte der aufzuhalten sein?

Um Augsburg seit den Brecht-Wochen an etlichen Bahn-Anlagen aufgesprüht …

Bildung – Macht – Herrschaft

Bildung muss von einem emanzipatorischen Ansatz aus gedacht werden, um die Unterdrückten in der soziohistorischen Veränderung der Gesellschaft beteiligen zu können, also Menschen in einem Prozess zu befähigen, „jene historischen und existenziellen Erfahrungen, die im alltäglichen Leben von der herrschenden Kultur abgewendet werden, zu beanspruchen, und sie auf diese Weise wiederzubewerten und kritisch zu verstehen“ (Zitat von Paulo Freire).

Freire hat mit seinem Lebenswerk Wege zu neuem Lernen aufgezeigt. Er wurde zu einem der bedeutendsten Wegbereiter einer Pädagogik für das 21. Jahrhundert. Paulo Freire inspiriert Menschen in allen Kontinenten zu neuer Hoffnung, daß Pädagogik Beiträge leisten kann für eine menschlichere Welt.

Die Pädagogik der Befreiung entstand in Lateinamerika. Ausgangspunkt der Freire-Pädagogik ist die Lebenssituation der Lernenden.

Gemeinsam wird überlegt, was, wofür, wie und wo gelernt werden soll. Dies geschieht in der Annahme, daß die Beteiligten gemeinsam die Motivation, das Wissen und die Phantasie aufbringen können, um zu entscheiden, was für sie wichtig ist.

Die "Lehrer" geben ihren Anspruch auf, den besten Weg zum Lernen vorgeben zu können.

Paulo Freire wies auf die besondere Kraft einer befreienden Pädagogik gerade in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen und epochalen Paulo Freires Pädagogik der Befreiung hat weltweit nicht nur Theoretiker und Praktiker der Erwachsenenbildung, sondern Menschen in vielen anderen Arbeitsfeldern inspiriert.

Elemente einer befreienden Pädagogik werden in so verschiedenartigen Bereichen wie Schule, Theater, Theologie Kindergarten, Interkulturelle Arbeit, Sozialarbeit, Psychologie, Philosophie und Kunst angewandt.

Wie leiten wir zu selbstbestimmtem Lernen an, das auch Grundlage zu verantwortlichem Arbeiten ist?

  • - Kurze Replik zum Wiedergabe-Lernen, das nur Anpassung fordert und nicht zu initiativem Arbeiten führt.
  • - Knappes Eingehen auf die Umstände des Lernens: Lehrer- Ausbildung bis Stoff-Orientierung, Wissensmanagement?

Der Weg zum wirklichen Dialog, Kontakt in Lernsituationen

  • - Bisherige Ansätze und ihre regelmässigen Untergänge
  • - Der langsame Wechsel des gesamten Systems und unsere Fähigkeiten, in diesem unsere Rolle zu verändern

Zwei Modelle, in der Gruppen Lernautonomie begannen:

  • - Die Mitgliederversammlung der PFG Mai 99 Berlin
  • - Die Zukunftswerkstatt einer kosovo-albanischen Gruppe

Übertragungsmöglichkeiten auf Lern-Gemeinschaften

A u t o n o m i e

„Wir haben die Möglichkeit, zu begreifen, auszuwählen, zu entscheiden, zu durchdringen.Wir sind, weil wir sein werden. Das ist die Bedingung, um sein zu können.„ Paulo Freire ‘Pedagogia da Autonomia’, Kap. 5, S. 36

Autonomie - wie weit ist Autonomie in einer derart bürokratisierten Gesellschaft möglich. Ist es nicht geradezu anachronistisch heutzutage darüber nachzudenken?

Wir können unsere Wahrnehmung verrücken, und das nicht nur theoretisch, sondern praktisch - mit Methoden des Theatermachers Augusto Boal.

Augusto Boal - Freund und literarischer Schüler Paulo Freires und brasilianischer Theatermacher, entwickelte sein Methodenset des Theater der Unterdrückten, nachdem er von den eigenen und staatlichen Bühnen (und später auch aus seinem Lande) vertrieben worden war.

In aller Welt griff er die Fragestellungen und Probleme seiner Zuschauer auf und ließ sei mit seinen Methoden - dem Zeitungstheater, dem Statuen- oder Forumtheater und schließlich dem legislativen Theater ihre eigenen Lösungsansätze erarbeiten - ganz gleich, ob es Bettler in Argentinien oder mißbrauchte Frauen in Paris waren.

In aller Welt griff er die Fragestellungen und Probleme seiner Zuschauer auf und ließ sei mit seinen Methoden - dem Zeitungstheater, dem Statuen- oder Forumtheater und schließlich dem legislativen Theater ihre eigenen Lösungsansätze erarbeiten - ganz gleich, ob es Bettler in Argentinien oder mißbrauchte Frauen in Paris waren

freire-boal.txt · Zuletzt geändert: 2022/08/13 20:04 von lenni