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kultur_des_schweigens

Kultur des Schweigens ist ein Begriff aus der Pädagogik der Unterdrückten von Paulo Freire, der sich weltweit durchgesetzt hatte, zuletzt auch zu den Konflikten um die Festnahme und Vor-Verurteilung von Julian Assange, der als Whistleblower die selbst dokumentierten Kriegsverbrechen der USA über Chelsea Manning international bekannt gemacht hat.

Kultur des Schweigens könnten wir auch über die Nazi-Beteiligungen in den 50er und folgenden Jahren schreiben, als die Justiz jede Verfolgung der Nazi-Mörder und KZ-Beteiligten als „Beihilfe“ unmöglich machte. In der Zeit der verschlossenen Geheimnisse und Verletzungen in den Familien neu lernen, die Welt zu lesen, führt zu späten Biografien der Kriegskinder und deren Nachkriegskinder: https://nachkriegskinder.wordpress.com/

Eine Kultur des Schweigens lag auch Jahrzehnte über Gewalt und Missbrauch in den Internaten, in Kirchen und im Sport, weil die Polizei, Staatsanwaltschaften und Zeitungen jeden Anfangsverdacht zurück wiesen. Dass wir in Deutschland keine unabhängige Justiz haben, kommt in welchen Medien? Die EU-Menschenrechtskommission hat keine eigenen Medien …

Die Kultur des Schweigens im Bildungssystem

„Schule und Universität sind staatliche Institutionen, die traditionell einen unterschiedlichen Bildungsauftrag hatten, sich jedoch heute zunehmend angeglichen haben. Während in der Schule das zu erlernende Wissen bereits weitgehend vom Lehrer gewusst wurde, sollte an der Universität durch forschendes Lernen das Wissen zwischen StudentInnen und ProfessorIn neu geschaffen werden.

Dieses auf Kooperation angelegte, grundsätzlich egalitäre Ergänzungsverhältnis war jedoch unvereinbar mit der hierarchischen Struktur universitärer Institution und ist nie verwirklicht worden. Ein ähnliches Schicksal erfuhr die Oberstufenreform an den Schulen, wo zwar Freiräume für das forschende Lernen möglich wurden … diese Entwicklung jedoch alsbald an die Grenzen institutionalisierter Sozialisationsmuster stieß.

So werden die Kinder auch heute noch in der Schule mehrheitlich im klassischen Frontalunterricht zum Schweigen verdammt, sie lernen zuzuhören, still zu sitzen und aufzunehmen, was der Lehrer sagt. Die Vermittlung von Fachwissen tritt hierbei oftmals in den Hintergrund. Für die kritische Selbstreflexion, geschweige denn ein Denken in Ambivalenz ist kaum Zeit vorgesehen.“ Ilse Schimpf-Herken

Mehr: https://kritische-praxis.blogspot.com/2021/02/kultur-des-schweigens-der-universitat.html

Macht und Wissen

Die Mächtigen hatten immer über Medien und Zensur die Themen beherrscht, und die bezahlten wie die öffentlich kontrollierten Medien sind bis heute die Bestimmenden.

Der Hofnarr und das Theater hatten immer die Rolle, an den Themen zu kratzen, die Gesetze und Verordnungen zu hinterfragen, und noch Thomas Mann saß beratend bei der Theaterzensur der Stadt München, die vorher die Stücke von Oskar Panizza und Frank Wedekind zensiert oder verboten hatten.

Die Aufführung einiger Panizza-Stücke ist bis heute verboten, Frühlings Erwachen von Wedekind hat es in manche Schultheater geschafft.

Die Kultur des Schweigens durchbrechen: Bilder-Theater

Das Bilder- und Statuentheater ist ein eleganter Weg, die Kultur des Schweigens zu durchbrechen: Viele von uns haben die verinnerlicht, „nichts“ von Politik und Philosophie und Wirtschaft zu verstehen, weil sie den hochtrabenden Monologen nicht folgen können.

Einen Ärger ausdrücken: Generative Themen: Was steht dahinter?

Einen Ärger ausdrücken, ist in unserer Kultur nicht schnell möglich (außer, der Anlass wäre noch akut), aber die Energie des Ärgers lässt sich nutzen, wenn er erst einmal abgeladen ist: Die Gruppe übernimmt das Bild: Codierung und stellt es dar: Es ist abgenommen!

Dann kommt das Gemeinschaftliche Forschen: Was sind die Generativen Themen: Was steht dahinter? Macht? Missbrauch? Unrecht?

Wir können fragen, was vorher war, wir können Folgen von Ausweichen, Widerspruch, sogar freche und verrückt erscheinenden Reaktionen ausprobieren, und den Gegner, die anderen Kräfte genauer einschätzen.

Die Arbeit am Tabu

Die Arbeit am Tabu ist die entsprechende Vorgehensweise im Theater der Unterdrückten von Augusto Boal, die aus den Szenen (Wahrnehmen, Aussprechen in der Gruppe) eine Vorstellung vor Publikum (erste Öffentlichkeit) macht und mit Hilfe einer Joker-Figur nach Verständnis und Veränderungs-Möglichkeiten fragt. http://wiki.eineweltnetz.org/doku.php?id=bewusstseinsbildung

Tabu und die Arbeit am Tabu auf der Basis der Bewusstseinsbildung in der Kritischen Theorie

Kultur des Schweigens und der §175

Arbeit an einem Darkroom der Queeren Geschichte

Die hiesige Soziologie würde von einem Dunkelfeld reden, aber die Sprache der Befreiung des Schreiben und Reden kommt aus den nord-amerikanischen Szenen, die auch schon länger die Themen wie Bisexualität bearbeiten. der Darkroom ist eine abgeteilte Region ohne Licht in schwulen Kneipen, um anonyme Begegnungen zu ermöglichen. Noch ein Relikt aus der jahrhundertelangen Erpressung und Verfolgung?

Aufmerksamkeit gab es bei uns auch kurze Zeit in der Aids-Prävention mit einer Studie der Deutschen Aidshilfe, denn auch die Übertragung durch heimliche und wechselnde Geschlechtspartner wurde zur Problematik. Die Fachleute entdeckten auch einen neuen Typus „Männer, die mit Männern Sex haben“ MMS, die sich aber nicht als homosexuell oder schwul verstehen: Die Klischees der Öffentlichkeit beengen die Wirklichkeit.

Mit Bildern: https://lustpaedagogik.blogspot.com/2021/01/darkroom-fur-munchen-beginn-einer.html

Sexualpädagogik in einer Kultur des Schweigens und queeres Leben

Kultur des Schweigens und das "3. Reich"

Der Postfaschismus meiner Kindheit und Jugend war 1950-1970 das Flüstern, Schweigen und Tabu in allen Behörden, Familien und Schulen, denn überall saßen jetzt wieder Nazis, über deren Geschichte nicht offen geredet werden durfte.

LehrerInnen hatten keine Geschichte außer Weihnachtsgeschichten, die Zither und bayrisches Brauchtum überdeckten nun die „deutsche Weihnacht“ der Soldaten an der Ostfront, … Kultur des Schweigens

„In der Gesellschaft der „Wirtschaftswunderzeit“ stieß Joseph_Wulf – trotz einiger Auszeichnungen wie dem Leo-Baeck-Preis (1961), dem Heinrich-Stahl-Preis (1967) und der Verleihung der Ehrendoktorwürde der FU Berlin – auf wenig Resonanz; von keinem akademischen Institut wurde er zur ständigen Mitarbeit auf seinem Gebiet berufen.

Im Kreis der Forscher über das „Dritte Reich“ blieb er ein Außenseiter. Man warf ihm vor, er sei befangen, weil er zu den Opfern des „Dritten Reiches“ gehöre. Besonders konfliktträchtig war sein Verhältnis zum Münchner Institut für Zeitgeschichte und dessen Direktor Martin Broszat, NSDAP-Mitglied ab 1944.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Wulf

System des Verschweigens im Vatikan

„Eine der wichtigsten Personen in diesem Zusammenhang sei Papst Paul VI. Dieser habe dezidiert homosexuelles Personal eingestellt. Diese Männer hätten im Vatikan Karriere gemacht und Seilschaften geschaffen.“

Frédéric Martel behauptet in SODOMA, dass die Homosexuellen in der katholischen Kirche eine Art Community bilden, die dafür kämpft und sorgt, dass homosexuelle Skandale verschwiegen werden. „Und in diese Verschwiegenheitskultur innerhalb der Kirche siedelt er auch das Unter-den-Teppich-Kehren pädophiler Skandale an“, berichtet Migge.„ (im Deutschlandfunk Kultur)

https://www.deutschlandfunkkultur.de/frederic-martel-sodoma-homosexuelle-seilschaften-im-vatikan-100.html

Die Ablehnung des Sexuellen begründet das Schweigen, von dem es schützend umstellt wird. Indem die katholische Kirche den ganzen Bereich der menschlichen Sexualität mit bedrohlichen Andeutungen, Metaphern und Uneindeutigkeiten kontaminiert hat, hat sie diese in einen sprachlichen Raum verwiesen, der einen bedeutenden Beitrag zur Verdeckung sexualisierter Gewalt leistet.

Sexualität darf entweder gar nicht oder nur im Rahmen der christlichen Ehe praktiziert werden, wobei es sich im letzteren Fall verbietet, diese einer sprachlichen Repräsentation zugänglich zu machen. Die ganze Sprachkultur des Sexuellen, die sich in Folge des katholischen Umgangs mit Sexualität entwickelt hat, ist eine Kultur des (wortreichen) Verschweigens (Hackenschmied und Mosser 2017a).

Diese Sprache dient vor allem dazu, das, worum es geht, nicht beim Namen nennen zu müssen. Das psychische Korrelat dieser ungesagten Sprache ist die Scham (Wilson et al. 2006; Paul 2016).

[…] Die Scham macht stumm und handlungsunfähig. Man muss sich daran erinnern, dass diese lähmende Scham nicht per se ein Korrelat des Sexuellen ist, sondern dass die tiefe Verstrickung von Scham und Sexualität kulturell geformt ist – fest eingeschrieben in die katholische Sexualmoral.“ (Hackenschmied u. a., a. a. O., S. 123 f.)

https://westpfahl-spilker.de/wp-content/uploads/2022/01/WSW-Gutachten-Erzdioezese-Muenchen-und-Freising-vom-20.-Januar-2022.pdf Seite 442

kultur_des_schweigens.txt · Zuletzt geändert: 2022/10/09 10:32 von lenni