Dialog war ein innovatives Wort der 1920er und 1930er Jahre, als die Lehrenden noch autoritär ihre Weisheiten verteidigten … gegen Aufbruch und Wandervogel … und jüdisch-dialogisches Denken. in der aufgeklärteren assimilierten Gelehrsamkeit waren diese Kreise eine Herausforderung in der Wissenschaft.
Die Gestalt-Philosophie und -Therapie nahm Martin Buber und sein Denken und Werk Du und Ich auf, das auch von der Freundschaft mit Gustav Landauer und seinem Aufruf zum Sozialismus beeinflusst war, der anarchisch von den Menschen, nicht von einem parteilichen Marxismus geprägt wurde.
Heute vergleichbar mit dem Wissen um Gruppe und Gruppendynamik, das die 1970er Jahre beeinflusste: Jemand meinte neulich, das Wissen um Bewegungen und Gruppen wäre der größte Fortschritt seit den 1970er Jahren:
Der anachronistische Mensch hält aber an Part-eien fest, um sich zu zerstreiten … und wir hängen wohl viel fester in den traumatischen Erfahrungen unserer Ahnen und Familien wie Rassismus und Tradition, Religions-Gefühligkeit und ritueller Wiederholung bis zur Pervertierung wie in den Urlaubsreisen und Weihnachts-Geschäften.
Gutes Theater ist immer auch dialogische Feldforschung. Theater ist Forschung! Notizen auf dem Weg nach Dillingen
Das Feld sind wir zuerst selbst: Als Theater-Gestaltende und -Spielende haben wir eine Vorstellung, die wir dem Publikum geben, sowohl von uns selbst als auch vom Publikum.
Dabei entsteht immer ein Dialog der mehr oder weniger offen ist und gefüllt oder gefühlt werden kann: Wenn wir Literatur verabreichen, oder ein fertiges geschlossenes Stück, bekommen wir Aufmerksamkeit und (hoffentlich) Applaus, wenn wir dialogische Formen anbieten, bekommen wir Mitspielende und Antworten.
Erfahrene Spielende und Theatergestaltende können den Atem des Publikums spüren und lenken, entsprechend wird der dramatische Bogen und die Katharsis, die Klärung aus dem angelegten Chaos gemeinsam gespürt und erlebt.
Auch wenn manches Publikum nicht unbedingt wortreich reagieren kann: Die Spannungslösung im Applaus und die angeregten Gesichter sind meist Antwort genug.
Das Feld ist das Publikum, die Mitwirkenden und die Gesellschaft. Sie sind natürlich immer eine Auswahl, sind zu uns gekommen, haben Einladung und Werbung wahrgenommen, und vielleicht bezahlt. Sie bilden ein reagierendes Feld, einheitlich oder gegensätzlich, einander vertraut oder fremd, atmen mit uns.
Sie repräsentieren eine Gesellschaft, sind eine Vorstufe der größeren Öffentlichkeit gegenüber unserer kleineren Spielergruppe. Sie vertreten oder kritisieren - mit uns - Situationen und Zustände dieser Gesellschaft. Sie nehmen in irgend einer Art Stellung. Unsere Kunst ist dies zu verstehen und zu nutzen, für eine mögliche Fortsetzung des Dialoges. (weitere 2 Seiten) zu Tabus
Reden über Wahrheit und Wahrheiten, kann aber nicht den Schritt zum Dialog, bleibt bei Schuldigen und Verantwortlichen, wie im Postfaschismus der 1950er und 1960er Jahre: „Der Führer war's, wir mussten ja gehorchen!“
„Hört auf die Wissenschaftler“ - ja, aber welche? Und wenn sie nicht auf den gleichen Grundlagen argumentieren?
Auszüge aus dem Artikel „Die Verwandtschaft von Gestalt und Forum-Theater - Theater der Unterdrückten und die Gestalt-Therapie“
erschienen in: Helmut Wiegand (Hg): Theater im Dialog: heiter, aufmüpfig und demokratisch Deutsche und europäische Anwendungen des Theater der Unterdrückten https://fritz-letsch.blogspot.com/2021/09/verwandtschaft-von-gestalt-und.html
Dietlinde Gipser: Bühne frei für Forschungstheater. Theatrale Inszenierungen als wissenschaftlicher Erkenntnisprozess